Medien in der Türkei: Polizei durchsucht Redaktionen

Zeitungen sind erneut zum Ziel einer Razzia geworden. Einige regierungskritische Medien sind außerdem nicht zum G20-Gipfel in Antalya zugelassen worden.

Symbolbild: Plästikmänneken sitzen mit dem Rücken zum Betrachter auf einem Holzgerüst vor einer roten Wand und pinseln den türkischen Halbmond mit weißer Farbe drauf. Versetzt steht das englische Wort "censored", auf deutsch zensiert in schwarzer Farbe.

Mit dieser Masche sei die Türkei auf dem besten Wege zu einem „Dritte-Welt-Land“, sagen Regierungskritiker. Foto: imago/Ralph Peters

ISTANBUL dpa | Bei einer erneuten Razzia gegen regierungskritische Medien in der Türkei haben Polizisten die Redaktionen der Zeitung Zaman und von zwei weiteren Publikationen durchsucht. Von der Razzia in Istanbul in der Nacht zu Donnerstag seien neben Zaman die englischsprachige Today‘s Zaman und die zur selben Gruppe gehörende Zeitschrift Aksiyon betroffen gewesen, berichtete Today‘s Zaman auf ihrer Webseite. Grundlage sei der Verdacht gewesen, dass in der Zaman-Druckerei alternative Ausgaben der kürzlich auf Regierungskurs gebrachten Zeitung Bugün produziert würden.

Zaman und Today‘s Zaman gehören zu den regierungskritischen Medien, die bislang nicht zum G20-Gipfel in Antalya zugelassen wurden. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul teilten die Redaktionen der beiden Blätter und die der Zeitung Sözcü mit, sie hätten auf ihre Akkreditierungsanträge keine Antwort erhalten. Alle drei Redaktionen sprachen übereinstimmend von „Zensur“.

Ein Sprecher der Nachrichtenagentur Cihan sagte, nur zwei ihrer Reporter seien akkreditiert worden, obwohl mehr Anträge gestellt worden seien. Die regierungskritische Zeitung Cumhuriyet und die Nachrichtenagentur Dogan teilten dagegen mit, ihre Reporter seien zugelassen worden. Die Frist zur Akkreditierung für den Gipfel am kommenden Sonntag und Montag lief am 31. Oktober ab. Journalisten wurden bereits vor Tagen informiert, wenn sie akkreditiert wurden.

Die Zaman-Medien und die Agentur Cihan stehen dem Prediger Fethullah Gülen nahe. Gülen war einst ein Verbündeter von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, gilt inzwischen aber als sein Erzfeind. Die Medien der Dogan-Gruppe greifen Erdogan regelmäßig an.

„Wir haben es mit einer umfangreichen, in weite Bereiche übergreifenden Zensur zu tun“, sagte Zaman-Nachrichtenchef Fatih Uygur der dpa. „Das ist eine schmutzige, auch politisch nicht vertretbare Vorgangsweise. Damit ist die Türkei auf dem besten Weg, ein Dritte-Welt-Land zu werden.“

Ende vergangenen Monats hatten staatliche Treuhänder die Medien der ebenfalls Gülen-nahen Mediengruppe Koza Ipek auf Regierungskurs gezwungen. Dazu gehörte auch die Zeitung Bugün. Gekündigte Redakteure hatten danach die alternative Özgür Bugünn (Freie Bugün) gegründet.

Die EU hatte sich am Dienstag in ihrem Türkei-Bericht besorgt über die Pressefreiheit im Land geäußert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hält die Medien in seinem Land dagegen für frei. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu werden 3.000 Journalisten beim G20-Gipfel erwartet.

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