Maßnahmen gegen Zwangsprostitution: Kein Sex ohne Schein

Die Union will ein Mindestalter und eine Anmeldepflicht für Sexarbeiterinnen einführen, um Zwangsprostitution zu bekämpfen. Flatrate-Sex soll verboten werden.

Künftig erst ab 21? Bild: dpa

BERLIN taz | Was der Bäcker, die Pizzabude und der Späti an der Ecke haben müssen, kann für Prostituierte und Callboys nicht falsch sein. So ungefähr sieht es die Unions-Fraktion im Bundestag. Sie schlägt nun vor, dass SexarbeiterInnen künftig eine Art Gewerbeschein oder eine Anmeldung beim Ordnungsamt haben müssen.

„Die Anmeldepflicht erleichtert die Unterscheidung zwischen legaler Prostitution und illegaler Zwangsprostitution. Eine Anmeldekarte könnte die erfolgte Anmeldung belegen", heißt es in einem Eckpunktepapier zur „Bekämpfung von Zwangsprostitution und Menschenhandel" von CDU und CSU, das der taz vorliegt.

Danach sollen Freier nicht generell bestraft werden, wohl aber Freier von Zwangsprostituierten. Männer können demnächst die Frau, die sie für Sex bezahlen, nach der Anmeldekarte fragen. Kann sie die vorweisen, dürfte es sich kaum um eine Zwangsprostituierte handeln.

Darüber hinaus sollen Prostitutionsstätten – Bordelle und Privatwohnungen – nach dem Willen von CDU und CSU einer „ordnungsbehördlichen Erlaubnispflicht“ unterliegen. Oder anders ausgedrückt: Ohne Schein kein Sexverkauf.

Vorgesehen ist ebenso, dass die Polizei und andere Behörden „verdachtsunabhängig“ Prostitutionsstätten betreten dürfen. Razzien sollen künftig also jederzeit und ohne Ankündigung möglich sein. Außerdem sollen sich Prostituierte regelmäßig gesundheitlich untersuchen lassen, Flatrate-Sex soll verboten werden. Auch soll eine Altersgrenze für SexarbeiterInnen eingeführt werden, sie dürfen künfitg nicht jünger als 21 Jahre sein.

Mit der SPD nicht abgesprochen

Das Papier ist ein erster Schritt zur Überarbeitung des rot-grünen Prostitutionsgesetzes aus dem Jahr 2002. So ist das im Koalitionsvertrag vereinbart. Das aktuelle Unions-Papier ist allerdings nicht mit der SPD abgesprochen, wie Eva Högl, Vizechefin der SPD-Fraktion, gegenüber der taz sagte. Derzeit arbeitet Heiko Maas, SPD-Justizminister, an einem entsprechenden Gesetzentwurf.

Es gebe in vielen Punkten Konsens zwischen SPD und Union, ist aus der SPD-Fraktion zu vernehmen. Bis zum Sommer wolle man sich aber einigen, sagte Nadine Schön, Vizefraktionschefin der Union. Aber ebenso Punkte mit „Diskussionsbedarf“. SPD-Familienministerin Manuela Schwesig plant für Juni einen Workshop zum Thema.

In Deutschland arbeiten Schätzungen zufolge zwischen 200.000 und 500.000 Prostituierte. Prostituiertenverbände sehen die geplante Gesetzesänderung kritisch. Sie vermuten dahinter den Vorstoß, das Sexgewerbe stärker regulieren und kontrollieren zu wollen.

Auch der Europarat in Straßburg hat sich am Dienstag mit dem Thema befasst. Das internationale Gremium hat die Regierungen in Europa aufgefordert, mehr „Engagement gegen Sexsklaverei und Prostitution" zu zeigen. Schweden sei da bereits auf dem richtigen Weg, erklärten die Abgeordneten. In dem skandinavischen Land ist der Kauf sexueller Leistungen seit 1999 verboten. Dadurch sei die Zwangsprostitution deutlich zurückgegangen.

Einer Studie der schwedischen Regierung zufolge hat sich die Straßenprostitution halbiert. Es gebe auch keine Indizien dafür, dass sich das Geschäft mit dem käuflichen Sex ins Internet oder in Privatwohnungen verlagert habe. Die Polizeistatistik zählte 4.782 Fälle von gekauftem Sex von 1999 bis 2012. Die erwischten Freier mussten Geldstrafen zahlen oder Sozialstunden leisten, manche kamen mit Bewährungsstrafen davon.

Ins Gefängnis kam taz-Informationen zufolge bislang noch kein Freier. Ohnehin gehen Experten davon aus, dass die Dunkelziffer von Sexkäufen in Schweden hoch ist. Eine Recherche eines schwedischen Fernsehsenders ergab, dass in der Hauptstadt Stockholm jedes Jahr rund 250.000 Mal für Sex bezahlt wird.

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