Massenproteste in Burkina Faso: „Bürgerbesen“ gegen den Präsidenten

Präsident Blaise Compaoré, seit 1987 an der Macht, will nächstes Jahr erneut wiedergewählt werden. Das stößt auf heftigen Widerstand.

„Keine lebenslange Macht“: Jugendprotest in Ouagadougou am 27. Oktober. Bild: reuters

BERLIN taz | Von einer Million Demonstranten sprach die Opposition, und Fotos aus der Hauptstadt Ouagadougou zeigen Menschenmengen bis an den Horizont. In Burkina Faso demonstrierte am Dienstag eine breite Protestbewegung ihre Stärke gegenüber Staatschef Blaise Compaoré. Das Bestreben des langjährigen Präsidenten, bei den Wahlen 2015 erneut anzutreten, stößt auf heftigen Gegenwind – und das wird in zahlreichen afrikanischen Ländern aufmerksam verfolgt.

Anlass der Proteste ist das Vorhaben, am Donnerstag im Parlament eine Verfassungsänderung zu verabschieden, die die Zahl der erlaubten gewählten Amtszeiten des Präsidenten von zwei auf drei erhöht. Laut Verfassung ist eine solche Änderung per Volksabstimmung oder mit Dreiviertelmehrheit im Parlament möglich. Präsident Compaorés Kongress für Demokratie und Fortschritt (CDP) hält zwar nur 70 der 126 Sitze, kann aber eventuell auf Teile der parlamentarischen Opposition zählen.

Umso größer ist die Empörung der außerparlamentarischen Opposition. Sie hat sich in einer Bewegung „Bürgerbesen“ (Balai Citoyen) zusammengeschlossen und nimmt sich ein Vorbild an der Protestbewegung „Es reicht“ (Y’en a marre), die 2011 im Senegal Präsident Abdoulaye Wade zwar nicht an einer erneuten Kandidatur hinderte, aber zu seiner Wahlniederlage beitrug und Wahlbetrug unmöglich machte.

Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou ist ebenso voller unterbeschäftigter und frustrierter Jugendlicher wie Senegals Hauptstadt Dakar, und auch hier können kraftvolle Worte junger Rapper viel bewirken. Zumal ist in Burkina Faso das fortschrittliche Erbe des Revolutionärs Thomas Sankara, der 1987 nach vier Jahren an der Macht von Compaoré gestürzt und getötet wurde, lebendig.

Spekulation über Drohungen

„Das Fieber steigt – und jeden Moment kann es explodieren“, warnte der Anführer der Protestbewegung, Zephirin Diabré, bereits vor einer Woche. Er kündigte eine „Woche des zivilen Ungehorsams“ an und warnte vor „anderen Kampfformen“.

Was die sein könnten, darüber gibt es viele Spekulationen. Der Besen als Symbol der Erneuerung wurde in Westafrika durch den Militärputsch von General Robert Guéi in der Elfenbeinküste 1999 bekannt – ein Putsch, der ein Jahrzehnt des Bürgerkrieges einläutete. „Also, diesen Vergleich vertiefe ich nicht“, sagte „Besenbürger“-Anführer und Rapper Sam’K Le Jah jetzt in einem Interview. „Für uns steht der Besen für Sauberkeit.“

Die Proteste am Dienstag blieben größtenteils friedlich. Die Polizei setzte zwar in Ouagadougou vereinzelt Tränengas ein, und in der zweitgrößten Stadt des Landes, Bobo Dioulasso, wurde ein Compaoré-Denkmal zu Fall gebracht. Aber massive Unruhen gab es nicht. Dafür teils derben Sprachwitz, zum Beispiel die virus-inspirierte Verballhornung des Vornamens des Präsidenten in „Ebolaise“.

Blaise Compaoré ist klug genug, um keine Eskalation zu provozieren. Heute ist Burkina Faso ein Land, in dem die Regierungszeitung Sidwaya einerseits zum Protesttag in großer Aufmachung die Zustimmung der „Verbandsvereinigung für Frieden und Fortschritt mit Blaise Compaoré“ zur Verfassungsänderung vermeldet, andererseits aber den Demonstrationsaufruf der Opposition veröffentlicht.

Dennoch herrscht Sorge, was passiert, sollte die Verfassungsänderung durchkommen. Die Schulen des Landes sind bereits geschlossen. Die Zeitung L‘Observateur druckt „Überlebenstips“: Lebensmittelvorräte anlegen und volltanken.

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