Massaker in Afghanistan: US-Soldat tötet 16 Afghanen

In Afghanistan sind mindestens 16 Afghanen, wahrscheinlich im Schlaf, von einem US-Soldaten erschossen worden. Die ISAF erklärt ihr Beileid und verspricht eine Untersuchung.

Diese Frau zeigt den Fotografen die Leiche eines Kindes, wahrscheinlich umgebracht von US-Soldate. Bild: ap

KABUL afp | Ein US-Soldat hat am Sonntag im Süden Afghanistans ein Blutbad unter Zivilisten angerichtet. Dorfälteste in der Provinz Kandahar gaben die Zahl der Todesopfer mit 15 an, ein afp-Reporter zählte 16 Leichen von Afghanen, die offenbar durch den Soldaten getötet wurden. Der Soldat hatte nach Angaben eines westlichen Vertreters am Morgen seinen Stützpunkt verlassen und auf die Zivilisten geschossen, bevor er bei seiner Rückkehr festgenommen wurde.

Der afp-Reporter sah in drei Häusern insgesamt 16 Leichen; unter den Todesopfern waren auch Frauen, Kinder und ältere Männer. Allein in einem Haus waren zehn Tote, einige von ihnen teilweise verbrannt. Ein Dorfältester aus dem Dorf Nadschiban im Bezirk Pandschwadschi sagte, elf Mitglieder seiner Familie seien getötet worden. Ein anderer Mann aus dem Dorf Alkosai sagte, er habe beim Angriff auf sein Haus vier Familienmitglieder verloren.

Ein Sprecher des Provinzgouverneurs sagte, ein US-Soldat habe am frühen Morgen sein Lager verlassen und zehn bis 16 Afghanen erschossen oder verletzt. Ein westlicher Verantwortlicher berichtete ebenfalls, der Soldat habe den Stützpunkt gegen 03.00 Uhr (Ortszeit) verlassen und das Feuer auf Zivilisten eröffnet. Später sei er in sein Büro auf der Basis zurückgekehrt, wo er festgenommen worden sei. Über die Motive des Soldaten lagen zunächst keine Angaben vor.

Eine Sprecherin des US-Außenministeriums sagte, die Regierung spreche den betroffenen Familien ihr „aufrichtiges Beileid“ aus. Die NATO-geführte Afghanistantruppe ISAF erklärte zunächst nur, ein Soldat sei in der Provinz Kandahar im Zusammenhang mit einem Vorfall festgenommen worden, bei dem es mehrere zivile Opfer gegeben habe. Sie sprach ihr Beileid aus und sicherte eine Untersuchung durch die US-Truppen und die afghanischen Behörden zu.

Karsai bezeichnet die Tat als „unverzeihlich"

Der afghanische Präsident Hamid Karsai nannte die Tat „unverzeihlich“. In einer in Kabul veröffentlichten Erklärung hieß es, wenn US-Soldaten absichtlich afghanische Zivilisten töteten, dann sei dies „Mord und Terror“.

Die Beziehungen zwischen den USA und Afghanistan sind seit einigen Monaten stark angespannt. Nach der Verbrennung von Ausgaben des Korans durch US-Soldaten auf dem Militärstützpunkt Bagram nahe Kabul gab es Ende Februar im ganzen Land tagelange Proteste, bei denen 30 Menschen getötet und 200 weitere verletzt wurden. Im Zusammenhang mit der Koran-Verbrennung wurden bis zum 1. März sechs US-Soldaten von afghanischen Kollegen getötet.

Im Januar sorgte ein Internetvideo für Empörung, auf dem US-Soldaten zu sehen sind, wie sie Leichen afghanischer Aufständischer schänden. Im November wurde in den USA der Anführer eines „Tötungsteams“ zu lebenslanger Haft verurteilt, der zwischen Januar und Mai 2010 in der Provinz Kandahar mit mehreren Kameraden drei afghanische Zivilisten ermordet hatte. Drei weitere angeklagte US-Soldaten erhielten mehrjährige Haftstrafen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.