Marihuana macht doch nicht dumm: Das kommt gar nicht in die Tüte

Eine amerikanische Langzeitstudie schien im vergangenen Sommer bewiesen zu haben: Kiffen macht dumm. Doch jetzt regt sich Widerstand – in Norwegen.

Für die Dunedin-Gesundheitsstudie wurden bei den Probanten über 38 Jahre hinweg regelmäßig der IQ als auch der aktuelle Drogenkonsum erfasst. Bild: dpa

BERLIN taz | Verfechter des freien Cannabis-Konsums haben ein schwieriges Jahr hinter sich. Im Sommer 2012 veröffentlichte das amerikanische Forscherteam um Madeline Meier eine Studie mit eindeutigen Ergebnissen: Kiffen im Jugendalter macht Menschen dümmer. Um durchschnittlich zehn Punkte sinke der IQ regelmäßiger Konsumenten bis zum Erwachsenenalter als Folge eines neurotoxischen Effektes.

Die Forscher konnten ihre Thesen mit starkem Datenmaterial stützen. Für die Dunedin-Gesundheitsstudie wurden 1.037 Personen – von ihrer Geburt an – 38 Jahre begleitet. Regelmäßig wurden dabei sowohl der IQ als auch der aktuelle Drogenkonsum erfasst. Der daraus abgeleitete Zusammenhang zwischen Cannabis-Konsum erntete vor allem Anerkennung in der Wissenschaft. Die Lage schien eindeutig.

Nun regt sich lauter Widerstand aus Norwegen. In einem Artikel erklärt //:Ole Røgeberg die Ergebnisse für unvollständig. Schuld an dem Intelligenzschwund sei in Wirklichkeit nicht die Droge an sich, sondern der sozioökonomische Status einer Person. Menschen aus ärmeren Familien mit geringem Einkommen und hoher Arbeitslosigkeit würden demnach nicht nur eher zum Marihuana greifen, sondern auch zu einem intellektuell weniger stimulierenden Umfeld tendieren.

Auch führe der Konsum oft dazu, dass Jugendliche frühzeitig die Schule verlassen und keine Arbeit finden. In jedem Fall sei nicht die toxische Wirkung des Cannabis' verantwortlich für die Verdummung des Konsumenten, sondern allenfalls die sozialen Folgen. Anders als der von Meier vermutete Effekt seien diese allerdings nicht dauerhaft. Die verlorene Intelligenz würde mit einer Änderung des Lebensstils wieder auftauchen.

Nachvollziehbarer Einwand

Eva Hoch von der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung hat sich ausführlich mit der Studie von Madeline Meier beschäftigt und kann den Einwurf aus Norwegen durchaus nachvollziehen. Den Disput, ob die kognitive Leistungsfähigkeit durch Cannabis nur direkt nach dem Konsum oder ein Leben lang eingeschränkt werde, sei lange zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen.

Auch die Studie von Madeline Meier müsse jetzt auf die Kritik von Røgeberg eingehen. „Drogenkonsum ist ein sehr komplexes Feld. Da spielen ganz viele Variablen mit rein“, erklärt Hoch gegenüber taz.de. Die Autoren der Originalstudie haben sich inzwischen in einer Pressemeldung zu Wort gemeldet.

Sie hätten die Daten nochmal nur für Personen der Mittelschicht analysiert. Auch dort mache der Cannabis-Konsum dümmer. Außerdem seien ihre Ergebnisse im Einklang mit Erkenntnissen aus der Forschung an Ratten - „und Ratten haben keinen sozioökonomischen Status“.

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