Machtkampf in Ägypten: Islamisten weichen nicht zurück

Die Kritiker der Übergangsregierung haben in Ägpyten für Sonntag zu neuen Protestmärschen aufgerufen. Und eine Kundgebung in Kairo wenig später abgesagt.

Einzeln wurden die Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi aus der Moschee herausgebraucht. Bild: ap

KAIRO dpa/afp | Die Fronten im Machtkampf zwischen Islamisten und dem Staat in Ägypten verhärten sich weiter. Die Islamisten wollen auch nach den blutigen Konfrontationen der vergangenen Tage ihre Proteste gegen die Übergangsregierung und das Militär fortsetzen. Für Sonntag kündigten sie neue Protestmärsche in Kairo an. Am späten Sonntagnachmittag teilte die Partei der Islamisten-Bewegung dann mit, die Protestaktion müsse „aus Sicherheitsgründen“ ausfallen.

Die von Islamisten besetzte Moschee war am Samstagnachmittag vollständig geräumt worden. Dabei und bei anderen Zusammenstößen waren mehr als 170 Menschen getötet worden

Die ägyptische Regierung lässt sich durch westliche Kritik nicht von ihrem harten Kurs gegen die entmachteten Muslimbrüder abbringen. Außenminister Nabil Fahmi sagte am Sonntag vor der Presse in Kairo, seine Regierung habe die Aufgabe, Recht und Ordnung durchzusetzen. Davon werde sie sich auch durch die Streichung von Entwicklungshilfeprojekten nicht abbringen lassen.

Die Polizei nahm in der Nacht Safwat Hegasi fest, einen einflussreichen Prediger aus den Reihen der Muslimbruderschaft. Aus Sicherheitskreisen in Kairo hieß es, außer Hegasi seien noch sechs weitere führende Mitglieder der Islamisten-Bewegung festgenommen worden. Zugleich drohte sie, mit „eiserner Faust“ gegen Terrorismus vorzugehen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die wachsende Gewalt in Ägypten. In einer am Samstag in New York veröffentlichten Erklärung nannte Ban Angriffe auf Kirchen, Krankenhäuser und öffentliche Einrichtungen inakzeptabel. Ban rief die Konfliktparteien zu äußerster Zurückhaltung auf. Sie sollten sich um Deeskalation bemühen. Angesichts der Polarisierung der ägyptischen Gesellschaft trügen die Regierung und die politischen Führer Mitverantwortung bei der Beendigung der Gewalt.

Die Europäische Union will ihre Beziehungen zu Ägypten angesichts der dortigen Gewalt „dringend überprüfen“. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy riefen die ägyptische Führung am Sonntag gemeinsam auf, dem Blutvergießen eine Ende zu setzen und zum Dialog zurückzukehren.

Mehr als 750 Menschen getötet

„Zusammen mit den Mitgliedsländern wird die EU in den kommenden Tagen ihre Beziehungen zu Ägypten überprüfen und Maßnahmen ergreifen, um diese Ziele zu erreichen“, erklärten Barroso und Van Rompuy.

Bei den gewaltsamen Zusammenstößen vom Freitag waren nach Angaben der Regierung 173 Zivilisten getötet und weitere 1.330 Menschen verletzt worden. Unter den Toten ist ein Sohn des Oberhauptes der Muslimbruderschaft, Mohammed Badia. Insgesamt wurden seit Beginn der Ausschreitungen am vergangenen Mittwoch mehr als 750 Menschen getötet, darunter 57 Polizisten.

Unterdessen soll die ägyptische Armee nach Informationen eines anerkannten israelischen Politikers aus Furcht vor Unruhen den Ausgang der Präsidentenwahl in dem Land gefälscht haben. Demnach habe der Vertreter des alten Systems, Ahmed Schafik, die Stichwahl im Juni 2012 knapp gegen den Islamisten Mohammed Mursi gewonnen, schrieb Jossi Beilin am Sonntag in der Zeitung Israel Hajom. Das Militär habe aber gefährliche Unruhen befürchtet, falls Mursi nicht gewinnen würde. Schafik gehörte zum System des im Februar 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak.

Ein namentlich nicht genannter ägyptischer Regierungsvertreter habe die Wahlfälschung im Gespräch mit ihm zugegeben, schrieb der ehemalige israelische Justizminister. Beilin gehört zu den Architekten der israelisch-palästinensischen Friedensabkommen.

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