Lübecks Flughafen vor dem Aus: Notlandung in Blankensee

Lübecks Flughafen hat Insolvenz angemeldet. Das Land will nicht helfen, die Stadt kann nicht. Am Dienstag ist Krisensitzung im Rathaus.

Steht vor der Insolvenz und einer unsicheren Zukunft: Der Lübecker Flughafen Blankensee. Bild: dpa

LÜBECK taz | Der Lübecker Flughafen Blankensee hat Insolvenz beantragt und wird jetzt von einem Notgeschäftsführer geleitet. Der erst im März aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretene Geschäftsführer Siegmar Weegen wurde am Mittwoch vom Amtsgericht auf diese Position berufen, teilte das Lübecker Amtsgericht mit. Zugleich ordnete das Gericht auf Weegens Antrag die vorläufige Insolvenzverwaltung an und setzte einen vorläufigen Insolvenzverwalter ein.

Weder zum ausgeschiedenen Alt-Eigentümer noch zum neuen gebe es irgendeinen Kontakt, sagte Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) am Mittwoch. Briefe seien als „unzustellbar“ zurückgekommen.

Der ägyptische Investor Mohamad Rady Amar hatte den hochdefizitären Flughafen Anfang 2013 von der Stadt für den symbolischen Preis von einem Euro gekauft. Vorige Woche wurde überraschend bekannt, dass Amar nicht mehr Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft Yasmina und deren Muttergesellschaft 3-Y-Logistic ist.

Das ist laut Handelsregister jetzt der Berliner Geschäftsmann Adam Wagner – der aber ist noch nicht in Erscheinung getreten. Die Adressen seiner Büros in Berlin und Düsseldorf sind veraltet, Telefonanschlüsse außer Betrieb.

Der Flughafen Blankensee ist der einzige Verkehrsflughafen in Schleswig-Holstein.

Infratil: 2005 verkaufte die Stadt die Anteilsmehrheit an den neuseeländischen Investor Infratil, der hohe Investitionen versprach. 2009 stieg Infratil aus, Lübeck blieb auf den Anteilen sitzen.

Die Bürger: Der Beschluss des Stadtrats, den Flughafen zu schließen, wurde 2010 in einem Bürgerbegehren überstimmt.

Rady Amar: Zum 1. Januar 2013 kaufte der ägyptische Investor den Flughafen für einen Euro und versprach hohe Investitionen.

Aus Mieten und Pachten schuldet die Yasmina der Stadt seit Herbst vorigen Jahres etwa 189.000 Euro. Zudem warten die 100 Flughafenmitarbeiter noch auf ihren am 15. April fälligen Lohn für diesen Monat. Schon die Märzgehälter waren verspätet gezahlt worden.

Der Flughafen arbeitet unterdessen vorerst weiter. „Die Sicherheit des Flugbetriebs ist gewährleistet“, sagt ein Sprecher des Kieler Wirtschafts- und Verkehrsministeriums. Eine finanzielle Unterstützung des Landes schloss er jedoch aus. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und SSW ist festgelegt, dass Flughäfen nicht unterstützt werden: „Der Vertrag gilt“, sagte der Sprecher. Auch die Stadt kann und wird kaum helfen. Dass Lübeck den Flughafen wieder in Eigenregie führt, sei unwahrscheinlich, so Saxe: „Ich sehe keine Möglichkeit, dass die Stadt den Flughafen wieder betreibt.“

Auf einer Sondersitzung am nächsten Dienstag will Saxe dem Hauptausschuss der Bürgerschaft einen Rechenschaftsbericht vorlegen. Rücktrittsforderungen gegen ihn, weil er 2012 die Verhandlungen mit Amar geführt hatte, lehnt er ab. Die jetzige Situation sei „nicht vorhersehbar“ gewesen.

Der 1917 gegründete Flughafen ist seit Jahren chronisch defizitär. 2011 lag das Minus bei rund 6,5 Millionen Euro. Das Passagieraufkommen sank von fast 700.000 Fluggästen im Jahr 2009 auf knapp 370.000 im vorigen Jahr.

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