Leistungsschutzrecht beschlossen: ABM für Rechtsanwälte

Der Bundestag hat das umstrittene Leistungsschutzrecht beschlossen. Eine unklare Formulierung dürfte die Gerichte beschäftigen und kleine Verlage schwächen.

Bundeswirtschaftsminister Rösler und Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger bei der LSR-Debatte im Bundestag. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Bundestag hat am Freitag das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverlage beschlossen. Mit dem Gesetz sollen Internet-Suchmaschinen und Nachrichten-Aggregatoren wie Google-News verpflichtet werden, für die Übernahme von Textpassagen die Erlaubnis bei den Verlagen einzuholen und gegebenenfalls dafür zu zahlen.

Der Gesetzentwurf war zwei Tage vor der Abstimmung von der schwarz-gelben Koalition noch leicht entschärft worden. Demnach sollen einzelne Wörter und „kleinste Textausschnitte“ weiterhin kostenlos und lizenzfrei genutzt werden dürfen. Eine konkrete Zeichenzahl wird in dem Gesetz nicht genannt, daher werden wahrscheinlich Gerichte entscheiden müssen, was unter „kleinsten Textausschnitten" zu verstehen ist.

Die Opposition im Bundestag sieht Unklarheiten im Gesetzestext und befürchtet bereits eine Klagewelle. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann bezeichnete das Leistungsschutzrecht als „Arbeitsbeschafftungsprogramm für Rechtsanwälte“. Aus Sicht der Grünen werden sich nur große Unternehmen auf mehrjährige Rechtsstreits einlassen. Kleinere Firmen müssen entweder an die Verlage zahlen oder auf einige Angebote verzichten.

„Damit machen Sie eine Marktbereinigung zu Gunsten von Google“, warf der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, der Koalition vor. Die stellvertretende Linken-Fraktionvorsitzende Petra Sitte sagte, das Leistungsschutzrecht diene „allein großen Pressekonzernen“. Kleine Unternehmen würden geschwächt.

293 Abgeordnete dafür

Union und Liberale verteidigten die Formulierung der „kleinsten Textausschnitte“ im Gesetz. „Ein unbestimmter Rechtsbegriff ist im Urheberrecht eine völlig gängige Sache“, sagte der FDP-Rechtspolitiker Manuel Höferlin. Er verwies auf das Recht der Datenbankhersteller, einen „wesentlichen Teil der Datenbank“ zu vervielfältigen. Im Gesetz sei dieser Begriff nicht weiter präzisiert, dennoch habe es keine Klagewelle gegeben.

Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Günter Krings betonte in der Debatte, dass auch Textschnipsel, sogenannte Snippets, unter das Leistungsschutzrecht fallen, „wenn sie über die Überschrift und einige Wörter hinausgehen“. Sein Fraktionskollege Thomas Silberhorn sagte, es komme nicht auf die genaue Textlänge an, sondern es gehe um die Frage, ob „eine verlagstypische Leistung anderer Anbieter genutzt“ werde.

Für das Gesetz stimmten am Freitagvormittag in namentlicher Abstimmung 293 von 539 Abgeordneten, 243 waren dagegen, drei enthielten sich. Zu Beginn der Debatte hatten die Grünen vergeblich versucht, das Leistungsschutzrecht von der Tagesordnung des Bundestages zu nehmen, weil sie in dem Gesetzgebungsverfahren die Rechte der Opposition verletzt sahen.

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