Landesvorsitzende von CDU und SPD: Zwischen Paris und Parteitag

Monika Grütters (CDU) und Michael Müller (SPD) sind zwar beide Landeschefs, durchleben aber gerade völlig konträre Gefühlslagen.

Erlebt gerade nettere Zeiten als Parteichefkollege Müller (SPD): Monika Grütters (CDU) Foto: Emmanuele Contini

„Ach, schreiben die das?“ Monika Grütters lächelt, als sie am Donnerstagmorgen bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) vorfährt und mit einer neuen Schlagzeile konfrontiert wird, wonach für sie – die CDU-Landesvorsitzende – der Senat kaum noch zu retten ist. Es ist ein Lächeln, das man Stunden später im Abgeordnetenhaus bei ihrem Chefkollegen von der SPD, Michael Müller, einen ganzen Vormittag vergeblich suchen wird. Es wirkt merklich noch nach, wie sich der Regierungschef zu Wochenbeginn mit seinen Koalitionspartnern wegen der Hausbesetzung vom Pfingstsonntag fetzte.

Die beiden naheliegendsten, wenn auch überhaupt nicht sicheren Spitzenkandidaten für die nächste Abgeordnetenhauswahl, sie erleben derzeit ziemlich unterschiedliche Tage. Müller schaffte es am Montag nicht pünktlich zum traditionellen Spargelessen mit der Berliner Pressekonferenz, weil er seinen Landesvorstand, wie er es ausdrückte, „nicht unbeobachtet“ tagen lassen wollte. Tags darauf stritt er sich mit Linkspartei und Grünen, die in einer Hausbesetzung nicht wie Müller Rechtsbruch, sondern eine legitime politische Aktion sehen.

Grütters hingegen konnte am Dienstag beim Jahresempfang der CDU-Abgeordnetenhausfraktion feiern und darf an diesem Donnerstagmorgen bei der IHK tun, was sie am liebsten macht: über Kulturpolitik sprechen. Was ja als Staatsministerin für Kultur auch ihr eigentliches Feld ist, in dem sie von Feuilletonisten oft bedauert wird, dass sie nebenher noch der Berliner CDU vorsitzen muss.

Auch IHK-Präsidentin Beatrice Kramm spricht in ihrer Begrüßung davon, bei der Berliner CDU sei von außen betrachtet „mehr Kabale als Liebe“. Womit sie Recht hat – Ende April drohte Grütters angeblich ein Putsch –, aber nicht in dieser Woche. In der ist es eben Müller, der sowohl in seiner eigenen Partei als in der rot-rot-grünen Koalition zu kämpfen hat. Und so kann Grütters entspannt-begeistert erzählen, dass sie am Freitag in Paris eine Gartenausstellung eröffnen und bei der dort ansässigen Unesco vorbeischauen wird. Die Frage, ob sie denn 2021 CDU-Spitzenkandidatin sein will, lässt sie ins Leere laufen: Das werde man in der Partei 2020 entscheiden.

Tempelhof doch am Rande bebauen

Von Müller wiederum ist an diesem Vormittag nichts zu hören, es gibt im Parlament keine Fragen an ihn. Und so sieht man ihn von der Pressetribüne in sich gekehrt auf seinem Platz. Das bei anderen Sitzungen zu beobachtende oftmalige Getuschel mit der neben ihm sitzenden Grünen-Senatorin Ramona Pop, begleitet von einem Lächeln, gibt es an diesem Vormittag nicht. Pop und Klaus Lederer als führende Köpfe von Grünen und Linkspartei im Senat waren es, die am Dienstag dagegenhielten, als Müller seine Partner kritisierte.

Vor Streit in Koalition und SPD schützt selbst der Besuch beim Papst nicht

Grütters hingegen nutzt den Morgen bei der IHK neben einer Tour d’Horizon durch die Kulturpolitik für einen konkreten landespolitischen Vorschlag: Neu zu diskutieren, den Ex-Flughafen Tempelhof doch am Rande zu bebauen, so wie 2014 vorgesehen, bevor ein Volksentscheid das stoppte. Verantwortlich für die Planungen war damals übrigens Müller, der auch schon klargemacht hat, dass er weiter an eine Bebauung denkt.

In der Parlamentssitzung geht es im Nachklapp der Demonstration vom Samstag um Kitas: Zu wenig habe der Senat gemacht, zu wenige Plätze gebe es, zu wenig Erzieherinnen und Erzieher. Und da kann auch Müller mit erleben, wie anders als bei ihrem jüngsten Parteitag die Grünen auftreten. Gab es damals richtig Dresche für Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), so deutet jetzt die Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz bloß einen Streitpunkt an, und das auch nur leicht: dass mit den Grünen die beitragsfreie Kita zugunsten besserer Ausstattung später gekommen wäre.

Die Grüne lobt Scheeres vielmehr: „Die Senatorin hat sich dankenswerterweise auf den verschiedenen Ebenen engagiert, vielen Dank!“ Und es klingt nicht so, als ob das ironisch gemeint wäre, obwohl man von einer Senatorin grundsätzlich erwarten kann, dass sie sich engagiert.

Grütters kann sich auf den Trip nach Paris freuen – Müller hingegen dräut der zweitägige SPD-Landesparteitag. Wobei er ja vor einer Woche auch auf besonderer Reise war, in Rom zur Audienz beim Papst. Gegen die Verwerfungen dieser Tage in Senat und Partei konnte aber auch Franziskus’ Aura nicht schützen.

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