Landesparteitag der AfD im Südwesten: Säuberung im Kindergarten

Die AfD hadert mit ihrem fundamentalchristlichen Flügel. Beim Landesparteitag in Baden-Württemberg flogen ein paar Querulanten aus dem Vorstand.

Will zurück zur Adenauer-Politik: AfD-Vorständler Heinrich Fiechtner Bild: dpa

STUTTGART taz | „Rechte Hetzer verpisst euch“, steht mit Kreide auf dem Gehweg vor der Stadthalle. So empfingen Gegendemonstranten den AfD-Landesparteitag in Kirchheim/Teck. Doch auch drinnen war der Umgangston nicht immer freundlich. Der AfD-Vorstand im Südwesten ist tief zerstritten, manche im Vorstand kommunizierten angeblich nur noch per Anwalt miteinander.

Der Vorstand sei nicht arbeitsfähig, gibt der Landesvorsitzende Bernd Kölmel freimütig zu: „30 Prozent meiner Arbeit verwende ich darauf, einen Minimalkonsens unter den Mitgliedern zu finden. Wir sind doch nicht im Kindergarten.“

Um zu sehen, wer von der Basis getragen wird, stellten sich alle 13 Vorstandsmitglieder in Kirchheim einem Misstrauensvotum. Kölmel wurde von 60 Prozent der Stimmberechtigten das Vertrauen ausgesprochen, das Vorstandsmitglied Heinrich Fiechtner fiel dagegen bei 60 Prozent durch. Zuvor hatte Kölmel Fiechtner unter anderem Geheimnisverrat vorgeworfen und seine Abwahl gefordert.

Zwar leugnet die Parteiführung, dass es neben dem persönlichen Streit auch um politische Fragen geht. Die Basis nimmt das aber genau so wahr. Denn auf der einen Seite steht Bernd Kölmel, Landesvorsitzender und EU-Abgeordneter, der seine Politik als „liberal-konservativ“ beschreibt. Andererseits gibt es ein noch konservativeres Lager, das sich eher hinter Fiechtner versammelt hatte. Fiechtner selbst wünscht sich eine Gesellschafts- und Familienpolitik wie unter CDU-Kanzler Konrad Adenauer zurück, sagte er der taz.

Dass Kölmel namentlich die Abwahl von Fiechtner und einem weiteren Vorstandsmitglied, Harry Behrens, gefordert hatte, brachte die Menge von gut 400 Parteimitgliedern auf: Ein Mitglied sprach am Saalmikrofon von einer „Säuberungsaktion“, ein anderes klagte, man wolle gewisse Leute „beseitigen“. Die Kölmel-Anhänger buhten diese Redner aus und entgegneten, dass dieses Vokabular aus einer Zeit stamme, die man überwunden habe.

Am Rande des Parteitags sagt ein Herr mit Hornbrille: „Wir haben Leute an Bord – von denen wusste ich gar nicht, dass es sie gibt, dass jemand so verrückt ticken kann.“ Insbesondere der fundamentalchristliche Zirkel, ein Spezifikum in Baden-Württemberg, sei „kein angenehmer Menschenschlag“, weil die Leute sehr selbstgerecht seien.

Die Nicht-gern-Gesehenen von Rechtsaußen

Ein anderer AfDler im dunklen Anzug sagt hinter vorgehaltener Hand, Eva Kahlmann sei im Saal – nach Informationen der Kontext-Wochenzeitung ein ehemaliges Mitglied der Partei „Die Freiheit“, die vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextremistisch eingestuft wird.

„Die große Masse der Partei will diese Leute nicht hier haben“, sagt der Anzugträger. Mehrere Mitglieder sprechen von etwa „zwei Handvoll“ Leuten, die weiter rechts stehen, als der AfD lieb sei.

Der AfD fehlt die Tagungserfahrung etablierter Parteien. Eigentlich wollte man sich in Kirchheim mit Inhalten beschäftigen und erste Pflöcke für das Programm zur Landtagswahl 2016 einschlagen. Doch wegen ausufernder Diskussionen und Abstimmungen über Banalitäten (etwa: Soll die Tür während der Abstimmung geschlossen bleiben?) blieb dafür kaum Zeit.

Viele Mitglieder waren enttäuscht. Als am Samstag um die Mittagszeit Maultaschen mit Kartoffelsalat an die Tische getragen wurden, stand noch nicht einmal die Tagesordnung fest.

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