Kurden und Salafisten in Hamburg: Polizei stellt St. Georg ruhig

Keine Ausschreitungen nach Freitagsgebet: Ein massives Polizeiaufgebot sichert die acht Moscheen im Stadtteil St.Georg.

Verschärfte Kontrollen und Leibesvisitationen beruhigen St. Georg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Ein massives Spezialkräfte-Aufgebot hat am Freitag die von der Polizei befürchteten Angriffe von Salafisten auf kurdische Einrichtungen in St. Georg unterbunden. Die Polizei hatte in vielen Straßen und den Straßenecken Sondereinsatzkommandos (SEK) aus mehreren Bundesländern sowie das Unterstützungskommando USK Bayern, eine Spezialeinheit zur Aufstandsbekämpfung, im Einsatz. In St. Georg befinden sich acht Moscheen, in denen 5.000 Muslime zum Freitagsgebet erwartet wurden, darunter auch Salafisten.

Die Polizeikräfte führten umfangreiche Personenkontrollen mit Leibesvisitationen durch. Verdächtige mussten ihre Rucksäcke durchsuchen lassen. Männer mussten teilweise ihre Hosenbeine bis zum Knie hochziehen, um die Unterschenkel auf versteckte Messer zu kontrollieren. Manche Jugendliche wurden mehrfach gefilzt, weil sie mehrere Kontrollen auf dem Weg von der Schule nach Hause passieren mussten.

Am Steindamm wurden zwei mutmaßliche Salafisten festgenommen, bei denen ein machetenartiges Messer, ein Baseballschläger und eine Latte mit Nägeln gefundenen wurden. Außerdem wurden drei Männer festgesetzt, die Tränengas-Sprühgeräte und Teleskop-Stäbe mitführten. Insgesamt gab es sieben Festnahmen.

Auch nach dem Ende der Freitagsgebete hielt die Polizei Ausschau nach Salafisten: Vor der Al-Nour-Moschee wurde einer Gruppe Platzverweise erteilt, nachdem im Rucksack von einem der Männer ein Hammer gefunden wurde. Auf dem Steindamm wurde eine Gruppe von zwölf Salafisten aus Aumühle kontrolliert. Sie erhielten Platzverweise und wurden anschließend von der Polizei zum Hauptbahnhof begleitet.

Der Angriffskrieg der Milizen des IS (Islamischer Staat) auf die syrisch-türkische Grenzstadt Kobane in der selbstverwalteten kurdischen Provinz Rojava hat bei den Kurden Angst vor einem Massaker geschürt. Kurden gehen immer wieder auf die Straße.

Auf dem Hamburger Rathausmarkt harrten am Montag 300 Kurden nach einer Demo bis nachts um 3 Uhr aus.

Die Gleise am Hauptbahnhof blockierten sie nach einer Demonstration am Dienstag für eine Stunde und legten den Zugverkehr teilweise lahm.

Zu Ausschreitungen vor dem kurdischen Kulturverein und der Al-Nour-Moschee kam es Dienstagabend, nachdem Salafisten den Kulturverein angegriffen hatten.

Alles in allem blieb es jedoch ruhig. Am Morgen hatten die kurdische Gemeinde, der kurdische Kulturverein am Steindamm sowie die „Plattform demokratischer Kräfte“, ein Zusammenschluss linker türkischer und kurdischer Organisationen, ausdrücklich zur Gewaltfreiheit aufgerufen. „Es gibt keinen Konflikt zwischen Kurden und Muslimen“, sagt Yavuz Fersoglu vom Kulturverein. Die Ausschreitungen vom Dienstag und der Nacht auf Mittwoch seien ausschließlich „eine Provokation von Salafisten und IS-Anhängern“ gewesen. „Wir wurden angegriffen und haben uns verteidigt.“

In der Nacht zum Mittwoch hatten sich etwa 400 Kurden und 400 Salafisten eine Straßenschlacht mit Messern, Macheten, Holz- und Eisenstangen geliefert, nach der 14 Menschen mit Knochenbrüchen und Messerstichverletzungen in Krankenhäuser eingeliefert werden mussten.

Auslöser war ein Überfall von Salafisten auf den kurdischen Kulturverein. Man habe mit dem Angriff der Salafisten nicht gerechnet und die Polizei auch nicht, sagt Fersoglu. „Eine Horde von Salafisten versucht, hier Terror die Stadt zu bringen.“ In die gleiche Kerbe hieb Rechtsanwalt Mahmud Erdem vom alevitischen Kulturverein, zugleich Sprecher der Plattform Demokratischer Kräfte: Hamburg sei eine Hochburg der Salafisten, diese seien „missionarische Gotteskämpfer, die alles, was sie stört, bekämpfen“.

Fersoglu vom kurdischen Kulturverein rief alle Kurden zur Gewaltfreiheit auf. „Wir rennen nicht in diese Falle und gehen nicht noch einmal eine Provokation ein“, sagte er. Auch die kurdischen Jugendlichen sollten trotz aller Emotionen, die die Angriffe der salafistischen Terrormilizen auf die Kurden in Syrien auslösten, auf Bewaffnung und Gewalt verzichten.

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