Kunstfund in München: „Nicht in Ihrem Blatt erscheinen“

Nach dem Kunstfund von München gibt es nun ein erstes Lebenszeichen von Cornelius Gurlitt. Der Zoll sieht keine Chance für eine Rückgabe der Werke.

Die Tür bleibt zu, doch Cornelius Gurlitt schweigt nicht länger. Bild: reuters

MÜNCHEN afp | Erstmals seit Bekanntwerden des Münchner Kunstfunds gibt es ein Lebenszeichen des Kunsthändler-Sohns Cornelius Gurlitt. Der 79-Jährige schrieb einen Brief an das Nachrichtenmagazin Spiegel, wie das Magazin am Sonntag berichtete. Der Zoll sieht derweil keine Chancen, einen großen Teil der gefundenen 1406 Bilder an die ursprünglichen Besitzer zurückzugeben.

Der Fall Gurlitts sorgt seit gut einer Woche für weltweites Aufsehen. Die Staatsanwaltschaft in Augsburg führt ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Unterschlagung gegen den Sohn des in den 50er Jahren verstorbenen Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. In diesem Zuge wurden im vergangenen Jahr 1406 Bilder aus der Münchner Wohnung von Cornelius Gurlitt beschlagnahmt, wie vergangene Woche bekannt wurde.

Während die Augsburger Ermittler seit längerem keinen Kontakt zu dem Beschuldigten haben, schrieb dieser nun in seiner ersten öffentlichen Reaktion auf den Fall einen Brief an den Spiegel. Darin bittet er das Magazin, den Namen Gurlitt „nicht mehr in Ihrem Blatt erscheinen zu lasen“. Gurlitt gehe es offenbar darum, dass sein Vater nicht in Zusammenhang mit dem Nazi-Regime gebracht werde.

Der Focus zitierte derweil am Wochenende einen Bericht des Zollkriminalamts in Köln, wonach 315 der 1406 gefundenen Bilder im Nationalsozialismus zur sogenannten entarteten Kunst zählten. Diese könnten wohl nicht ihren alten Besitzern zurückgegeben werden. Grund sei, dass die Bilder nicht direkt von ihren ursprünglichen Besitzern an Gurlitt gegangen seien, sondern zwischenzeitlich Museen gehört hätten.

200 Kaufverträge liegen vor

In dem vierseitigen Papier an das Bundesfinanzministerium heiße es, da diese Bilder „ausschließlich aus staatlichen und städtischen Museen bzw. Landesmuseen stammen“, seien „Rückgabe/Restitutionsansprüche der ehemaligen Eigentümer nicht durchsetzbar“. Der Zoll zweifelt dem Bericht zufolge, ob es wegen des gegen Gurlitt erhobenen Hauptvorwurfs der Einfuhrumsatzsteuer überhaupt zu einer Anklage komme.

Die mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Falls beauftragte Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann kritisierte unterdessen im Focus das lange Schweigen der Ermittler zu dem Fund. Viel zu lange sei in diesem „hoch komplexen Fall“ geschwiegen worden. Ihr vorläufiges Gutachten liege der Staatsanwaltschaft vor. Würde nun nicht endlich gehandelt, drohe alles in einem „Desaster“ zu enden, zitierte der Focus Hoffmann.

Dem Bericht zufolge fanden die Ermittler bei Gurlitt auch die Geschäftsbücher von Hildebrand Gurlitt. Darin seien auch die Namen der jüdischen Sammler dokumentiert, denen Gurlitt während des Nationalsozialismus meistens für einen Spottpreis die nun gefundenen Bilder abgekauft habe. Die Staatsanwaltschaft habe aber noch zu keinem der Erben Kontakt aufgenommen.

Wie die Bild am Sonntag berichtete, liegt für 200 der gefundenen Bilder ein Kaufvertrag vor. Hildebrand Gurlitt zahlte demnach auf Grundlage des mit Propagandaminister Joseph Goebbels geschlossenen Vertrags 4000 Schweizer Franken für die Bilder. Dem Bericht zufolge nahmen am Samstag Polizisten weitere 22 Bilder in Gewahrsam, die sich beim Schwager Gurlitts in Stuttgart befunden hätten. Dieser habe die Ermittler selbst darum gebeten, die Bilder aus Sicherheitsgründen nach Bekanntwerden des Falls abzuholen.

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