Kritik an der Parteienfinanzierung: Spenden ohne Grenzen

Die deutsche Politik ignoriert die Kritik des Europarates an ihrer Parteienfinanzierung. Am Freitag sollten die Parteien vorlegen, was verbessert wurde. Doch da gibt es nichts.

Gehe über Los, ziehe 4.000 Mark ein, und keiner erfährt es. Der Europarat kritisiert die Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Bild: reuters

BERLIN taz | Deutschland hält sich nicht an die Hinweise der Staatengruppe gegen Korruption (Greco) des Europarates. Die Gruppe, der Deutschland seit 1999 angehört, will gemeinsam die Strukturen für Korruption ausmachen und bekämpfen. Greco hatte vor anderthalb Jahren in einem umfassenden Bericht diverse Defizite bei der Regelung für die Parteienfinanzierung kritisiert.

Das betrifft unter anderem die Abgeordnetenspenden, die stark verzögerte Veröffentlichung von Spenden unter 50.000 Euro und die unzureichende Prüfung der Spenden. Eine gute Übersicht hat Lobbycontrol zusammengestellt. Am Freitag läuft die Frist ab, zu der Deutschland Fortschritte vorweisen sollte. Doch die Parteien haben es nicht geschafft, einen Bericht vorzulegen.

Am Donnerstag stand das Thema erstmals auf der Tagesordnung des Innenausschusses - einen Tag vor Ablauf der Frist -, um dann nur wieder verschoben zu werden. "Es soll nun eine gemeinsame Stellungnahme aller Parteien geben - darum wurde das Thema verschoben", sagte Stefan Ruppert, der für die FDP im Innenausschuss sitzt, der taz. Warum es nicht viel früher thematisiert wurde, das lässt er offen.

Ob und wann es einen Umsetzungsbericht geben wird, konnte Ruppert nicht sagen. Selbst wenn der vorliegt, dürften die Ergebnisse sehr dünn ausfallen. Denn das Parteiengesetz, das die Spenden regelt, wurde seit 2004 nicht angefasst. Doch das sollten die Parteien laut Greco dringend tun.

Nachholbedarf sieht die Gruppe bei der Transparenz. Der Öffentlichkeit werde der Geldfluss an die Parteien erst viel zu spät transparent gemacht - anderthalb Jahre nach der Spende. Vor allem in Wahlkampfzeiten sei es aber notwendig, die Spenden offenzulegen. Technisch wäre das kein Problem.

Niemand weiß, wieviele Spenden Abgeordnete erhalten

Das Werkzeug: Mehrere zehntausend Menschen haben in der ersten Woche unsere Artikel zum Parteispenden-Watch gelesen und in der Datenbank nach Parteispendern gesucht. Die taz hat alle Rechenschaftsberichte der Bundestagsparteien von 1994 bis 2009 ausgewertet und eine Datenbank mit den Parteispendern auf taz.de/parteispenden-recherche veröffentlicht. Viele Blogger verwiesen auf die Datenbank oder machten sich selbst auf die Suche nach auffälligen Parteispenden

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Die Chance: Die taz ruft ihre Leser auf, die Daten zu durchforsten und uns vorzuschlagen, welchen Parteispenden wir nachgehen sollten. Wenn Sie etwas finden, mailen Sie es an open@taz.de oder schicken Sie einen Brief an die taz-Chefredaktion.

Gefordert wurde auch, die Abgeordnetenspenden zu untersagen. Im Moment kann man an Abgeordnete direkt Spenden, bar und in beliebiger Höhe. Bleibt diese Spende unter 10.000 Euro, erfährt die Öffentlichkeit nichts davon. So ist völlig unklar, wieviel Geld auf diese Weise bei Abgeordneten ankommt. Die Bundestagsverwaltung machte auf Nachfrage gegenüber der taz keine Angaben dazu.

Greco monierte zudem, auf welche Weise die Spenden geprüft werden. Im Moment kümmert sich nur ein Wirtschaftsprüfer pro Partei darum, der unter bestimmten Bedingungen sogar Parteimitglied sein kann. Er kontrolliert aber gerade einmal die Spenden aus zehn Ortsverbänden - doch allein die CDU hat tausendmal so viele Ortsverbände. Greco forderte, mindestens einen weiteren Kontrolleur einzusetzen.

Michael Koß, der Leiter der Arbeitsgruppe Korruption bei Transparency Deutschland, kritisierte den Umgang mit der Parteienfinanzierung: "Seit dem Bericht wurden die Regelungen praktisch nicht weiterentwickelt. Trotz zahlreicher Empfehlungen scheint sich der Bundestag nicht veranlasst zu fühlen, Reformen einzuleiten", sagte der Politikwissenschaftler.

Die Diskussion ist eingeschlafen

Die letzte größere Diskussion um die Parteienfinanzierung ist schon über ein Jahr her. Die Parteien diskutierten damals die Millionenspende an die FDP von der Substantia AG. Grüne und Linkspartei brachten damals mehrere Änderungsanträge ein. Seitdem ist nichts passiert.

Am Mittwoch wurden die alten Anträge erneut ins Spiel gebracht. Darin fordern die Grünen eine Deckelung der Parteispenden pro Jahr und Spender bei 100.000 Euro. Außerdem sollten Spenden von mehr als 25.000 Euro sofort veröffentlicht werden. Im Moment liegt die Grenze doppelt so hoch. Die Linke will Firmenspenden ganz verbieten. Im Gegensatz zu den Grünen bekommt sie keine Spenden von Unternehmen. Die anderen Parteien haben keine Anträge eingebracht.

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