Kristina Schröder ist zurück: Versetzung gefährdet

Kristina Schröder (CDU) kehrt in ihr Amt als Familienministerin zurück. Extremismusklausel, Krippenflaute, Männerförderung - ihre Halbzeitbilanz ist mäßig.

Nach einer Mini-Babypause von neun Wochen kehrt Kristina Schröder zurück. Bild: dpa

BERLIN taz | Es war nicht nur eine Babypause, sondern auch eine Art Halbzeitpause für Familienministerin Kristina Schröder (CDU): Die Mitte der Legislaturperiode naht. Am Montag kehrt die Mutter von Lotte Marie, geboren Ende Juni, nach fast vier Monaten in ihr Ministerium zurück.

Das Experiment Familienpause im Familienministerium ist einigermaßen geglückt. Es gab zwar einige Grätschen anderer Politiker, die ihre Abwesenheit nutzen. Vorgängerin und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) setzte ihre Quotenoffensive fort, Unionsfraktionschef Volker Kauder wollte mal eben das Elterngeld abschaffen. Und ihre Pressesprecherin verschwand gen Brüssel und wird durch den Ex-Vizeregierungssprecher Harald Steegmans ersetzt. Aber insgesamt schnurrte das Ministerium gemächlich vor sich hin.

Das allein ist ein gesellschaftspolitischer Erfolg: Politische Spitzenämter gelten als K.O.-Jobs: ganz oder gar nicht. Aber siehe da: Auch diese Jobs lassen sich reduzieren oder teilen. Die Ehre, diesen Beweis in der Praxis erbracht zu haben, gebührt Schröder.

Sie holperte und stolperte

Dieser Erfolg ist einer der wenigen in ihrer bisherigen Amtszeit. Schröders Abwesenheit fiel wohl vor allem deshalb so wenig auf, weil ihre Anwesenheit im Amt auch nicht gerade politische Wellen erzeugte. Harscher drückt es Caren Marks aus, familienpolitische Sprecherin der SPD: "Sie hat die Leistungen, die man erwarten konnte, schlicht nicht gebracht. In der Schule würde man sagen: Versetzung gefährdet."

Zweifelhaft ist schon Schröders Ruhm als Innenpolitikerin, die für die Programme gegen rechts zuständig ist: Mit dem Wort "Deutschenfeindlichkeit" von Ausländern oder der versuchten Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus belebte sie die Debatte. Auch die "Extremismusklausel", mit denen Projekte ihre Demokratiefestigkeit zeigen müssen, sorgte für Aufregung. Der Bundesfreiwilligendienst lief, vorsichtig ausgedrückt, stolpernd an.

In der Familien- und Geschlechterpolitik regiert vor allem der Stillstand: Der Krippenausbau dümpelt vor sich hin. Laut einer Evaluation werden 10 von 16 Bundesländern das Ausbauziel nur knapp oder "schwerlich" erreichen. Da der Bedarf an Krippenplätzen das Ausbauziel übersteigt, wird es in mehreren Ländern offenkundig nichts mit dem geplanten Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab 2013. "Ich würde gern hören, wie Schröder die Kommunen dann unterstützen will", so Marks.

Das Elterngeld hat Schröder reduziert. Die Vätermonate werden, anders als im Koalitionsvertrag vorgesehen, nicht ausgeweitet. Und in der Geschlechterpolitik musste sich Schröder zum Jagen tragen lassen: Erst als Arbeitsministerin von der Leyen eine feste Geschlechterquote für die Wirtschaft anvisierte, rang Schröder sich eine "Flexi-Quote" mit freiwilliger Umsetzphase ab. "Schröder hinkt der Entwicklung hinterher", sagt Marlies Brouwers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates. "Dabei ist sie selbst doch auch eine Quotenfrau, die ins Amt kam, weil sie die Hessenquote erfüllte."

Gleichstellungspolitik? Ein Fremdwort

Die Lobbyistin hat deshalb ihre Ansprechpartnerin gewechselt: "Wir haben vor allem mit Frau von der Leyen gearbeitet. Den Mut, den von der Leyen in der Frauenpolitik an den Tag legt, wünschen wir uns auch von Schröder", so Brouwers.

Vor allem aber kann man sich des Verdachts nicht erwehren, dass Gleichstellungspolitik für Schröder immer noch ein Fremdwort ist. Im Kinder- und Jugendplan des Haushalts sind die Mittel für Gleichstellungspolitik laut Marks beispielsweise komplett gestrichen.

Schröders Gleichstellungsabteilung - die einzige Abteilung, die von einer Frau geleitet wird - geht im Ministerium fast unter. Anstatt geschlechtersensible Politik für Frauen und Männer zu betreiben, wie es Gender Mainstreaming vorsehen würde, schiebt Schröder nun einseitig Männerprojekte an. "Dabei adressiert gerade Gender Mainstreaming Männer und Frauen", sagt SPD-Politikerin Caren Marks.

Doch auch wenn Schröders Männerprojekte aus eher antifeministischen Gründen entwickelt wurden: Sie können durchaus eine emanzipatorische Wirkung entfalten. Das Modellprojekt "Männer in Kitas" etwa klingt, als sollten die Kleinen nun am Manne genesen. Aber obwohl Schröder lieber Männer- als Geschlechterpolitik machen will, fördert sie unbeabsichtigt doch das Prinzip, dessen Namen sie nicht in den Mund nehmen mag.

So schreibt der am Modellprojekt beteiligte Evangelische Kirchenkreis Berlin: "Ziel ist es, für alle Kitas des Trägers ein Gender-Mainstreaming-Konzept (…) zu entwickeln und zu verankern." Aus Versehen Gender Mainstreaming gefördert, zufälligerweise als erste Ministerin ein Kind bekommen: Letztendlich wird Schröder wohl immer unabsichtlich emanzipatorisch tätig.

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