Korruptionsbericht der Bundesregierung: Keinmal im Jahr drüber reden

Bei der Vermeidung von Korruption gehen deutsche Bundesbehörden nachlässig vor. Ausgerechnet das Bundeskanzleramt hinkt hinterher.

Wenigstens bei den Fenstern wird für Transparenz gesorgt: Fensterputzer am Kanzleramt. Bild: dpa

BERLIN taz | Bei der Bekämpfung von Korruption gehen deutsche Behörden nachlässig vor. Das wird in einem nichtöffentlichen Bericht des Bundesinnenministeriums deutlich, der der taz vorliegt. Besonders auffällig: Ausgerechnet das Bundeskanzleramt hinkt bei der Korruptionsvermeidung hinterher.

Im Jahresbericht 2011 werden die Maßnahmen von 22 Bundesbehörden zur Vorbeugung von Korruption aufgeführt. Darunter befinden sich etwa Bundesministerien, das Bundespräsidialamt, Bundestag, Bundesrat und das Bundesverfassungsgericht. Den Bericht muss das Innenministerium einmal jährlich erstellen und dem Bundestag vorlegen. Der Jahresbericht 2012 wurde noch nicht vorgelegt.

Laut dem Bericht für 2011 wurden im Zuständigkeitsbereich sämtlicher Bundesbehörden nur 34 Ermittlungsverfahren gegen Bundesbedienstete eingeleitet. Besonders sticht dabei das Bundesarbeitsministerium heraus, in dessen nachgeordneten Bereichen 15 Verfahren eröffnet wurden. 9 Verfahren wurden im Verantwortungsbereich des Bundesfinanzministeriums eröffnet, jeweils 3 im Innen- und Verkehrsministerium.

Bestandteil des Berichts ist auch eine grundlegende Erfassung der als besonders korruptionsgefährdet geltenden Arbeitsbereiche. Ausgerechnet das Bundeskanzleramt hinkt hier besonders hinterher. Es hatte bis Ende 2011 auch nach sieben Jahren Berichtspflicht noch immer keine vollständige Erhebung der besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsgebiete vorgelegt.

Kontakt unerwünscht

Auch in einem anderen Bereich fällt die Regierungszentrale negativ auf: So hat es im Kanzleramt 2011 keinen einzigen Kontakt zwischen der hausinternen Ansprechperson für Korruptionsprävention und der Dienststellenleitung gegeben.

Damit steht das Kanzleramt nicht allein da. Weder im Verbraucher- noch im Umwelt-, Entwicklungs- oder dem zuständigen Innenministerium gab es 2011 Kontakte zwischen der Ministerialleitung und den zuständigen Ansprechpersonen in den Ministerien.

Der Bericht lässt auch Schlüsse auf den Misserfolg korruptionsvorbeugender Maßnahmen zu. So ist etwa die vom Innenministerium berufene „Ombudsperson zur Korruptionsprävention“ im Jahr 2011 lediglich 50-mal überhaupt kontaktiert worden, meist telefonisch.

Fürsorge gegenüber Mitarbeitern

Dass die Hinweise so rar sind, könnte auch daran liegen, dass das Bundesverwaltungsamt auf seiner Homepage zur Ombudsperson nicht gerade zur Kontaktaufnahme motiviert. Dort wird betont, es sei eine „Selbstverständlichkeit der Fürsorge gegenüber unseren Mitarbeitern, dass wir im Falle von Denunziation Maßnahmen zu deren Schutz ergreifen werden.“ Und: „Auf den Straftatbestand der Falschen Verdächtigung sei der guten Ordnung halber hingewiesen.“

Im Jahresbericht 2011 heißt es diplomatisch, es bedürfe „noch weiterer Anstrengungen einiger oberster Bundesbehörden, um noch bestehende Lücken im Tabellenteil zu schließen.“

Der Geschäftsführer von Transparency Deutschland, Christian Humborg, fordert einen offensiveren Umgang mit dem Thema: „Wenn es in einem Ministerium in einem ganzen Jahr zu keinem Kontakt zwischen der zuständigen Ansprechperson für Korruptionsprävention und der Leitung kommt, zeigt das, welch geringe Priorität dem Thema eingeräumt wird.“

Auch sei nicht ersichtlich, weshalb die regelmäßigen Korruptionsberichte weiterhin nicht veröffentlicht würden. In den letzten Jahren war Transparency Deutschland stets die einzige Institution, die Berichte eigenmächtig veröffentlichte. Den Jahresbericht 2011 veröffentlicht die taz in ihrem Hausblog.

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