Koran vs. Bibel: Gewalt können sie alle

Pegidas Helfer behaupten, dass der Islam gegenüber dem Christentum eine rückständige und aggressive Religion sei. Ein Quiz beweist das Gegenteil.

Mann hat eine Bibel in der linken und eine Pistole in der rechten Hand.

Hat er die Bibel richtig interpretiert? Schauspieler Christian Kohlund bei den Lübecker Karl-May-Festspielen. Foto: dpa

BERLIN taz | Es gibt ein neues Religionsgadget im Internet. Nicht erst seit Samuel Huntingtons vermeintlich unausweichlichen „Kampf der Kulturen“ bemühen sich islamophobe Demagogen, Menschen auf Kulturen zu reduzieren, mithin den Islam als aggressiv und wenig friedfertig hinzustellen. So weit, so dumm. Aber wie steht es eigentlich um die Bibel? Das fragen sich nicht nur unlängst die niederländischen Youtuber von „Dit is normaal“, sondern jüngst auch das Netzwerk „Kein Mensch ist illegal“ mit einem Online-Quiz mit dem catchy Namen: Bibel oder Koran?

Es gibt kaum ein pauschales Vorurteil über „den Islam“, das sich nicht mit dem Zitate-Quiz entlarven lässt. Stichwort Kopfbedeckung bei Frauen. Richtig, genau diese fordert die „heilige Schrift“ in lutherischer Übersetzung. Das passende Zitat dazu: „Eine Frau aber, die betet oder prophetisch redet mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt; denn es ist gerade so, als wäre sie geschoren“ (1. Korinther, Kapitel 11, Vers 5). Typisch Nordländer bzw. Nordeuropäer. Oder?

Weiteres Beispiel: „So spricht X: Siehe, ich will Unglück über dich bringen in deinem eigenen Hause und will deine Weiber vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben, dass er bei deinen Weibern schlafen soll an der lichten Sonne.“ Aber wer ist X? Allah, „der Herr“, Jehova, jenes höhere Wesen, das wir verehren oder doch das fliegende Spaghettimonster? Ist es ein Twitter-Zitat von Abu Bakr al-Baghdadi oder direkt aus der PR-Abteilung des IS? Nein. Der Satz stammt aus der Bibel, Nächstenliebe einmal anders: 2. Samuel, Kapitel 12, Vers 1.

Apropos Frauenrechte: „Wenn der Vorwurf aber zutrifft, wenn sich keine Beweise für die Unberührtheit des Mädchens beibringen lassen, soll man das Mädchen hinausführen und vor die Tür ihres Vaterhauses bringen. Dann sollen die Männer ihrer Stadt sie steinigen und sie soll sterben.“ Sexuelle Selbstbestimmung liegt im Einklang mit den Worten „unserer“ Staatsreligion? Ähm, nein. Ein weiteres Zitat aus der Bibel, Deuteronomium 22, Vers 20-21. Auch Homo-Bashing gibt es im Buch Mose zu Genüge: „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben“ (3. Buch Mose, Kapitel 20, Vers 13). Puh.

Todesstrafe? Kein Problem!

Sich für die Todesstrafe auszusprechen, funktioniert nicht nur im republikanischen Wahlkampf von Seiten zweifelhafter Milliardäre mit Hamsterfrisur, sondern auch im dritten Buch Mose, Kapitel 20, Vers 9. Dort heißt es: „Wer seinem Vater oder Mutter flucht, soll des Todes sterben.“ Gut, aber haben wir nicht alle schon mal unsere Eltern verflucht? Kennt die Bibel keine Pubertät?

Pauschale Gewaltaufrufe bleiben keine Seltenheit: „So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben“ (4. Buch Mose, Kapitel 31, Vers 17-18). Weniger drastisch, aber ähnlich logisch: „Wenn ein Mann oder eine Frau einen Diebstahl begangen hat, dann haut ihnen die Hand ab.“ Immerhin in einem Punkt Genderequality, gesehen im Koran, Sure 5, 38.

Gewalt können sie alle. Auch der Koran ist diesbezüglich kein unbeschriebenes Blatt: „Wahrlich in die Herzen der Ungläubigen werfe ich Schrecken. So haut ein auf ihre Hälse und haut ihnen jeden Finger ab“ (Sure 8, 12). „Und tötet sie, wo ihr sie zu fassen bekommt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben!“, immerhin ohne Capslock und Ziffern zwischen den Ausrufezeichen. Kann also nicht Til Schweiger geschrieben haben, sondern stammt ebenfalls aus dem Koran (Sure 2, 191).

Und die Moral aus dem Quiz? Vielleicht sollten wir doch zur Kirche des heiligen Spaghettimonster konvertieren und Pastafaris werden.

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