Konservative Homo-Gegner in den USA: Die Rückwärtsgewandten

Sie stemmen sich gegen den Trend im Land: Gegner der Homo-Ehe in den USA rufen am Donnerstag zum „Marsch für die Ehe“ auf.

Für viele Konservative noch immer unerträglich: ein lesbisches Ehepaar am Rande der Utah Pride Parade in Salt Lake City Bild: reuters

NEY YORK taz | „Tun Sie es nicht“, beschwört Nancy Pelosi den Erzbischof von San Francisco, damit er im letzten Moment doch noch seine Teilnahme am „March for Marriage“ absagt. Die Demokratin und Katholikin aus Kalifornien nennt die Demonstration, die am Donnerstagmittag (Ortszeit) in Washington stattfindet: „eine Bosheit, die verkleidet als Tugend daher kommt“ und sie erinnert an das berühmt gewordene Zitat von Papst Franziskus: „Wer bin ich, um über Homosexuelle zu urteilen?“

Erzbischof Salvatore Cordileone, inoffizieller Sprecher des konservativsten Arms der katholischen Kirche in den USA, hält an seinem Auftritt in Washington fest und verweist auf ein anderes Papst-Zitat, nachdem Kinder ein Recht haben, mit einer Mutter und einem Vater aufzuwachsen.

Was am Donnerstag in Washington stattfindet und zum obersten Gericht führt ist ein neuer Versuch von radikal Rückwärtsgewandten, sich gegen den Trend in ihrem Land zu stemmen. Die Demonstranten sind gegen das Recht auf die gleichgeschlechtliche Ehe. Und versprechen, es auf allen Ebenen zu bekämpfen.

Die Mehrheit ihrer Landsleute sieht das anders. In dem radikalsten und schnellsten Sinneswandel, der seit Jahrzehnten in den USA stattgefunden hat, befürwortet heute die Mehrheit der US-Bürger das Recht auf Eheschliessung für alle. Selbst die Spitze der Republikanischen Partei, die noch anlässlich von George W. Bush's Wiederwahl im Jahr 2004 ihre Wahlkampagne mit Slogans gegen die „gay marriage“ bestritten hatte, beugt sich diesem Trend. Sie hat das Thema Homosexualität aus ihrer Kampagnenliste gestrichen.

Der Trend geht quer durch alle Instanzen der Gesellschaft: Die Gerichte – auf Bundes- auf Bundesstaatsebene – zeigen mit mehr als einem Dutzend Urteilen in den zurückliegenden Monaten, dass sie die „gay marriage“ unterstützen. 19 Bundesstaaten haben sie bereits eingeführt. Und auf Bundesebene hat das Oberste Gericht die „gay marriage" in verschiedenen Entscheiden abgesegnet.

Selbst die Kirche bröckelt

Selbst im Inneren zahlreicher Kirchengruppen lässt die Gegnerschaft nach. In dieser Woche befragen die Presbyterianer in den USA ihre zwei Millionen Mitglieder, ob sie wollen, dass ihre Priester gleichgeschlechtlichen Paaren den Kirchensegen geben. Und im Inneren der Mormonenkirche opponieren – trotz schriftlicher Drohungen mit „Ex-Kommunizierungen“ – mehrere Blogger öffentlich gegen das Kirchenverbot der „gay marriage“.

Ausgerechnet unter Präsident Barack Obama, der sich noch vor zehn Jahren dazu bekannte, dass er das Recht auf „gay marriage“ nicht befürwortete, haben Lesben und Schwule in den USA mehr Rechte gewonnen, als unter jedem Präsidenten zuvor. Erst am Montag machte er einen neuen Schritt und gab bekannt, dass er Antidiskriminierungsregeln für Homosexuelle am Arbeitsplatz einführen wird. Weil der Kongress nicht handlungsfähig ist, wird er es mit einer präsidenziellen Vollzugsanordnung tun.

Zuvor hatte er unter anderem die Regel „Don't ask don't tell“ abgeschafft. Danach durften Homosexuelle nur dann im US-Militär dienen, wenn sie ihre sexuelle Orientierung verschwiegen.

Realitätsverlust

Doch die von National Organizatione for marriage (NOM), die die Demonstration durchführt, will nicht aufgeben. Wider alle Anzeichen erwartet sie weiterhin, dass das Oberste Gericht eine Kehrtwende macht und die gleichberechtigte Ehe erneut verbietet. Die Organisatoren des aktuellen „Marschs für die Ehe“ sind Gruppen aus dem rechten Spektrum – darunter auch mehrere radikal rechte Republikaner und Vertreter verschiedener Kirchen.

Zu ihren Gemeinsamkeiten gehört, dass sie auch auch gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch sind und zugleich alle für Religionsfreiheit und das „Recht auf Schusswaffen“ eintreten. Das auf die Beobachtung von Rechtsextremismus in den USA spezialisierte „Southern Poverty Law Center“ hat den veranstaltenden „Familiy Research Council“ als „Hate Group“ eingestuft. Über die NOM ist bekannt, dass sie häufig die Gleichsetzung von Homosexualität und Pädophilie benutzt.

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