Konflikt in Mali: Explosive Lage in der Sahara

Der Tod dreier französischer Soldaten zeigt, wie brüchig der Frieden ist. Frankreichs Krieg gegen den Terror erschwert die Arbeit der UN-Mission.

Soldaten der Bundeswehr und malische Soldaten

Soldaten der Bundeswehr bei der Ausbildung malischer Soldaten Anfang April dieses Jahres in Koulikoro. Foto: dpa

BERLIN taz | Der Konvoi aus 60 Militärfahrzeugen fuhr am Freitag in Gao los, wo Bundeswehrsoldaten als Teil der UN-Mission in Mali (Minusma) stehen. Das Ziel: Tessalit, 550 Kilometer weiter nördlich. Die Reise durch die Sahara-Wüste war beschwerlich. Kurz vor der Einfahrt in Tessalit fuhr am Dienstag gegen 9.20 Uhr eines der Panzerfahrzeuge an der Spitze der Kolonne auf eine Mine. Ein französischer Soldat war sofort tot, zwei weitere starben in der Nacht zum Mittwoch. Es war der schwerste einzelne Verlust der französischen Streitkräfte in Mali seit der heißen Phase des Krieges gegen bewaffnete Islamisten Anfang 2013.

Die Bergregion um Tessalit ist das heikelste Einsatzgebiet für ausländische Truppen in Mali, denn hier verschanzen sich islamistische Untergrundkämpfer aus der gesamten Sahelzone. Die französische „Operation Barkhane“ geht mit Luftangriffen, Spezialoperationen und gezielten Kampfeinsätzen gegen sie vor.

Zuletzt stand die Region zwischen Gao und der Grenze zum Niger im Fokus: 600 französische Soldaten, so der Generalstab in Paris, halfen der malischen Armee, „die Bevölkerung zu beruhigen“, wobei auch Kampfhubschrauber zum Einsatz kamen. Luftlandetruppen überprüften mutmaßliche Waffenverstecke und spürten „von den malischen Streitkräften aufgezeigte terroristische Elemente“ auf.

Es verwundert wenig, dass in diesem Klima die Stationierung deutscher Soldaten im Norden Malis weiterhin als hochgefährlich gilt. Immer wieder werden die UN-Basen im Norden Malis mit Raketen beschossen. Aber weder die UN-Blauhelmmission Minusma noch die EU-Ausbildungsmission EUTM ist in die operative Planung des französischen Militärs einbezogen.

Keine Kampfhandlungen durchgeführt

Für die Franzosen sind die internationalen Truppen Luft. Der letzte UN-Vierteljahresbericht über französische Unterstützung für die UN-Mission vom 29. März besteht aus einem einzigen Satz: „Seit 1. Dezember 2015 wurden keine Kampfhandlungen als Antwort auf eine unmittelbare und ernsthafte Bedrohung durchgeführt.“

Auf dem Papier ist die Arbeitsteilung klar: Frankreich hilft Malis Armee bei der Bekämpfung von Terroristen, die UN-Truppen helfen Malis Armee bei der Umsetzung des geltenden Friedensabkommens mit den bewaffneten Gruppen im Norden Malis. In der Praxis ist die Grenze zwischen als Partnern zu behandelnden und als Terroristen zu bekämpfenden Gruppen nicht immer eindeutig. Wichtigster Partner des Friedensvertrages ist der Tuareg-Dachverband „Koordination der Azawad-Bewegungen“ (CMA), aber er hat auch lokale Rivalen.

Aktueller Streitpunkt ist die Einsetzung der im Friedensvertrag von 2015 vorgesehenen neuen lokalen Interimsverwaltungen, für die die Tuaregrebellen erstmals eigene Vertreter benennen dürfen. Das entsprechende Gesetz ging am 31. März durch Malis Parlament. Die Opposition aber sagt, damit entmachte die Regierung gewählte Kommunalvertreter und marginalisiere politische Parteien zugunsten bewaffneter Gruppen.

Umgekehrt drängen nun solche Gruppen, die nicht im Dachverband CMA sitzen, ebenfalls auf Vertretung in den neuen Verwaltungen. In solchen Konstellationen gehört die Denunziation, ein ungeliebter politischer Rivale sei in Wirklichkeit ein islamistischer Terrorist, schon fast zur Spielregel.

Nach wie vor haben die Tuaregrebellen auch ihr Ziel nicht aufgegeben, im Norden Malis einen eigenen Staat „Azawad“ zu errichten. Den hatten sie 2012 schon einmal, kurz bevor Islamisten sie von dort verdrängten. Am 6. April feierte der CMA-Dachverband den vierten Jahrestag der Azawad-Unabhängigkeitserklärung mit einer Militärparade in Kidal und hisste die Tuaregflagge über der Stadt.

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