Kommentar über diskriminierende Sprache der Polizei: Sonderkommission Generalverdacht

Braunschweig hat eine „Soko Asyl“: Zwar betont die Polizei, dass nicht alle Flüchtlinge im Visier stünden, allein reisende Männer aber schon. Das ist die Mehrheit.

Bragida-Anhänger mit Schild "Asyl nicht um jeden Preis"

Bekommen neuen Zündstoff von der Polizei: Bragida-Anhänger Foto: dpa

HAMBURG taz | Natürlich ist es richtig, dass die Polizei eine Sonderkommission (Soko) einrichtet, wenn es rund um die überfüllte Landesaufnahmebehörde für Flüchtlinge in Braunschweig Probleme gibt. Nicht nur, um „die Bevölkerung“ vor Diebstählen, Einbrüchen und Drogenhandel zu schützen, wie es der Leiter der örtlichen Kriminalpolizei, Ulf Küch, in der Braunschweiger Zeitung ausdrückte, sondern auch, um die hier untergebrachten Flüchtlinge zu schützen. Das Problem ist nicht die Soko oder ihre Arbeit, sondern ihr Name: „Soko Asyl“.

Das Label „Soko Asyl“ schürt Vorurteile und bringt Asylbewerber per se mit Kriminalität in Verbindung. Da kann Küch noch so oft betonen, dass seine Polizisten nicht alle Flüchtlinge im Visier hätten, dass syrische und irakische Familien nicht in Verdacht stünden, sondern nur allein reisende junge Männer. „Diese Leute kommen offenbar nur hierher, um Straftaten zu begehen“, sagt Küch über rund 100 Verdächtige, die in der Unterkunft leben und straffällig geworden sein sollen.

Da ist sie wieder, die Einteilung in gute und böse Flüchtlinge. So einfach darf es sich die Polizei nicht machen. Denn ihr Täterprofil „allein reisend“ trifft auf den Großteil der Flüchtlinge zu. Viele junge Männer fliehen ohne ihre Familien vor Krieg, drohendem Militärdienst oder politischer Verfolgung. Sie nehmen die oft lebensbedrohliche Flucht nicht mit dem Ziel auf sich, hier eine Karriere als Kleinkriminelle zu starten.

Die deutsche Polizei hat ihren Sonderkommissionen schon oft zweifelhafte Namen gegeben. Im Fall der „Soko Bosporus“ etwa, die in den NSU-Morden ermittelte, machte der Titel deutlich, in welcher Richtung die Beamten unterwegs waren.

Auch bei der „Soko Asyl“ zeigt sich eine bestimmte Annahme schon in der Namenswahl. Die Behörden müssen sensibler mit der Außendarstellung ihrer Ermittlungen und der Sprache umgehen, um Minderheiten in unserer Gesellschaft nicht zu kriminalisieren. Sonst könnten Küch und seine Braunschweiger Polizei ihre Ermittlergruppe auch gleich „Soko Generalverdacht“ nennen.

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War bis Dezember 2022 Redaktionsleiterin der taz nord. Davor Niedersachsen Korrespondentin der taz. Schwerpunkte sind Themen wie Asyl und Integration, Landwirtschaft und Tierschutz.

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