Kommentar Zwangsbehandlung Psychiatrie: Die Rechte der Patienten

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass psychisch Kranken besonderer Schutz zusteht. Der Gesetzgeber ist jetzt gefordert, eine Regelung zu finden. Das ist gut so.

Die Kehrtwende des Bundesgerichtshofs bei der Beurteilung der Zwangsbehandlung nicht einwilligungsfähiger und unter Betreuung stehender Psychiatriepatienten war überfällig. Schon die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung stellt einen tiefen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar. Die medikamentöse Zwangsbehandlung ist nicht weniger einschneidend, geht sie doch oftmals mit einer Veränderung der Persönlichkeit her.

Bisher konnten Medikamente auch gegen den Wille des Patienten verordnet werden. Lediglich der Betreuer musste einverstanden sein. Es gibt leider zahlreiche Berichte darüber, wie diese Allmacht missbraucht wurde. Denn einige Ärzte und Betreuer handeln nicht immer im Sinne des Patienten. Und sei es nur, dass ein unruhiger Patient „stillgelegt“ werden soll, weil es an Pflegekräften fehlt.

Dem hat der BGH jetzt ein Ende gesetzt. Das Gericht stellt klar, dass unter Betreuung stehenden „hilflosen“ Psychiatriepatienten bei der Behandlung ein besonderer Schutz zusteht. Solange dieser Schutz nicht gewährleistet ist, dürfen sie nicht mehr gegen ihren Willen mit Medikamenten behandelt werden.

Das bedeutet jedoch nicht das Ende von Zwangsbehandlungen überhaupt, wie einige Ärzte sogleich befürchten. Wenn ein Menschenleben in Gefahr ist, dürfen auch weiterhin Medikamente verabreicht werden.

Der Gesetzgeber ist jetzt gefordert, schnell ein Verfahren festzulegen, wie künftig bei der Zwangsbehandlung die Patientenrechte gewährleistet werden können. Etwa durch die Einschaltung eines Gerichts, bei dem zwingend ein Anwalt die Interessen des Patienten vertritt. Die Gesundheitspolitiker hätten eine solche Regelung schon vor Jahren auf den Weg bringen müssen. Jetzt werden sie unter Zugzwang gesetzt. Das ist auch gut so.

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Jahrgang 1955, war von 1993 bis Ende 2022 Wissenschaftsredakteur der taz. Er hat an der FU Berlin Biologie studiert. Vor seinem Studium hatte er eine Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker gemacht, später dann über den zweiten Bildungsweg die Mittelere Reife und am Braunschweig-Kolleg die allgemeine Hochschulreife nachgeholt.

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