Kommentar Wahl in der Ostukraine: Zu früh für Jubel

Die Zustimmung der Separatisten zur Verschiebung der Wahl ist gut. Ein Schritt zu einem dauerhaften Frieden in der Ostukraine bedeutet sie nicht.

Soldat und Panzer

Ukrainischer Panzer im Osten des Landes. Foto: ap

Die Verschiebung der Kommunalwahlen in den Gebieten Donezk und Lugank auf 2016 ist eine positive Nachricht, und sie passt allen Seiten gut ins Konzept: Sowohl der Regierung in Kiew als auch den prorussischen Kämpfern im Donbass hilft diese Entscheidung, das Gesicht zu wahren, und verschafft ihnen eine Atempause.

Der Westen kann einen diplomatischen Erfolg für sich verbuchen. Und Russlands Präsident Wladimir Putin, der ja bekanntermaßen mit den Kampfhandlungen in der Ostukraine nie etwas zu tun hatte, dürfte seinen „nicht vorhandenen“ Einfluss auf die Separatisten geltend gemacht haben, weil er sich derzeit im Nahen Osten um andere Baustellen kümmern muss.

Doch einmal abgesehen von verschobenen Abstimmungen und dem Umstand, dass die Waffenruhe hält – was angesichts eines Konflikts mit über 8.000 Toten von existenzieller Bedeutung ist: Für verfrühten Jubel gibt es keinen Grund. Denn die grundsätzlichen Probleme, die schon im Minsker Abkommen vom vergangenen Februar angelegt sind, bleiben nach wie vor ungelöst.

Die Machthaber im Donbass gehen davon aus, dass die Regierung in Kiew jetzt zu liefern habe. Dazu gehört unter anderem eine umfassende Amnestie für all diejenigen, die, wie es so schön heißt, an den „Ereignissen“ in Lugansk und Donezk beteiligt waren. Die Wahlen im Donbass sollen auf der Grundlage ukrainischen Rechts durchgeführt werden, was de facto aber darauf hinausläuft, dass die Separatisten dort auch weiterhin nach ihren eigenen Gesetzen schalten und walten.

Dieses Paket seinen Koalitionspartnern zu verkaufen, dürfte für den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko keine leichte Aufgabe sein. Und auch eine Reaktion der radikalen nationalistischen Kräfte, für die Minsk 2 ohnehin eine Art Vaterlandsverrat darstellt, wird nicht lange auf sich warten lassen. Dauerhafter Frieden im Donbass? Davon kann noch nicht einmal in Ansätzen die Rede sein.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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