Kommentar Wagner-Inszenierung: Herzprobleme vorgeschoben

Die Düsseldorfer Tannhäuser-Inszenierung war ärgerlich, die Art ihrer Absetzung ist es auch. Man muss vermuten, dass es der Rheinoper selbst nur ums bloße Spektakel ging.

Es hat sich ausgespielt: Elena Zhidkova (Venus) und Daniel Frank (Tannhäuser) in einer Szene der Wagner-Oper „Tannhäuser“. Bild: dpa

Die Rheinoper in Düsseldorf hat am Mittwoch eine Wagner-Inszenierung abgesetzt, die große Empörung hervorgerufen hatte. Der Regisseur Burkhard C. Kosminiski, neu in der Oper und im Schauspiel eher unauffällig, hatte in einen „Tannhäuser“ Szenen implantiert, die Nazi-Morde und den Tod in der Gaskammer darstellten.

Seit Donnerstag wird der Tannhäuser nur noch konzertant aufgeführt. Kosminski, der in Mannheim als Schauspielchef arbeitet, reagierte nun seinerseits geschockt und sprach von „Zensur“.

Nun gibt es zwar gute Gründe, die Inszenierung von Wagners Opern nicht gegen eine Debatte um den Antisemitismus des Komponisten und seinen Verehrung im Nationalsozialismus abzuschotten - das hat schon viele Opernregisseure seit den siebziger Jahren beschäftigt. Das Ärgerliche an der Inszenierung von Kosminiski aber war, dass sie eine solche Auseinandersetzung nur behauptete und ansonsten sehr steif und langweilig daherkam.

ist Theater-Redakteurin im Kulturressort der taz.

Dennoch ist die Entscheidung des Intendanten der Düsseldorfer Oper, Christoph Meyer, Kosminskis Inszenierung nicht weiter zu spielen, nicht einfach zu begrüßen. Denn zum einen wird sie nicht mit einer inhaltlichen und ästhetischen Kritik begründet, sondern mit gesundheitlichen Problemen der Zuschauer, die vor Aufregung und Entsetzen Herz- und Kreislaufprobleme bekamen und den Notarzt aufsuchen mussten.

Das wirkt wie eine vorgeschobene Legitimation, um auf der anderen Seite zu vermeiden, selbst zu dem inhaltlichen und ästhetischen Versagen des Regisseurs Stellung zu beziehen. Meyer entzieht sich damit der Frage, warum er nicht, wenn die Inszenierung tatsächlich so schlecht ist, dass sie nicht weiter gespielt werden sollte, schon vor der Premiere eingeschritten ist. Oder warum er sich nicht, wenn er sie doch für diskussionswürdig hält, für eine Debatte mit dem Regisseur und dem Publikum einsetzt.

Seine Entscheidung wirkt feige und widerlegt nicht den Verdacht, dass auch die Opernleitung darauf spekuliert hat, im 200. Jahr von Wagners Geburtstag mit einem provozierenden Spektakel groß rauskommen zu können.

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Geboren 1957 in Köln. Seit Mitte der 80er Jahre Autorin für die taz (über bildende Kunst, Tanz, Theater, Film), seit 2003 Redakteurin.

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