Kommentar Vielehen in Deutschland: Kleines Problem mit großer Wirkung

Heiko Maas will islamische Mehrfach-Ehen nicht mehr anerkennen. Das ist Aktionismus. Der Justizminister knickt vor der AfD ein.

eine Box voller Ringe

Wie viele hätten Sie denn gern? Foto: Imago

Das Problem ist zwar marginal, aber es eignet sich perfekt zur rechtspopulistischen Panikmache. Darum hat Justizminister Heiko Maas nun angekündigt, muslimische Mehrfach-Ehen grundsätzlich nicht mehr anzuerkennen. Vor den kommenden Bundestagswahlen möchte er der Alternative für Deutschland auf diesem Feld keine offene Flanke bieten.

Dabei handelt es sich aber um reinen Aktionismus. Denn Polygamie ist in Deutschland ohnehin schon verboten. Aber weil in einigen muslimisch geprägten Ländern Männer unter bestimmten Umständen legal bis zu vier Frauen heiraten dürfen, sind deutsche Behörden seit jeher mit der Frage konfrontiert, wie sie in Unterhalts- und Erbfragen damit umgehen sollen, wenn solche Familien nach Deutschland eingewandert sind.

Bisher war die Haltung, auf den konkreten Einzelfall zu schauen und vor allem die Frauen nicht dafür zu bestrafen, dass sie in ihrer Heimat so eine Verbindung eingegangen sind. Der deutsche Staat hat davon keine Nachteile: Das Erbe oder der Unterhalt konnte bisher zum Beispiel auf verschiedene Frauen aufgeteilt werden. Dem nun kategorisch einen Riegel vorzuschieben zu wollen, ginge auf Kosten der betroffenen Frauen und deren Rechtssicherheit. Es sind aber, wie gesagt, nur sehr wenige Fälle, um die es dabei geht.

Etwas anders liegt der Fall bei den so genannten „Kinder-Ehen“, die vermehrt bei Flüchtlingen aus Syrien verzeichnet worden sein sollen, wenn man einem Bericht der Bild-Zeitung glaubt, die bei verschiedenen Landesbehörden in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen nachgefragt hat. Aus Sorge um ihre minderjährigen Töchter hätten manche Eltern diese vor ihrer Flucht mit einem älteren Partner vermählt.

Deutschland muss diese Verbindungen nicht anerkennen, schon gar nicht, wenn sie unter Zwang geschlossen wurden. Aber auch hier sollte der Rechtsschutz der Betroffenen vorgehen – und nicht die Angst vor möglicher rechtspopulistischer Agitation, vor der man vorauseilend einknickt.

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