Kommentar USA und Nahost: Stümperhafte Vermittlung

Plötzlich üben die USA Druck auf Israel aus und wollen eine Waffenruhe um jeden Preis. Doch ihre Verhandlungstaktik zeugt von Ignoranz.

Links im Bild: Tunnel. Mitte: Soldat. Nicht im Bild: Frieden Bild: reuters

Verstehe einer das Weiße Haus. US-Außenminister John Kerry zog zurecht die Herzen aller Friedensbewegten auf sich, als er sich vor gut einem Jahr der nahöstlichen Verhandlungen für die Zweistaatenlösung annahm. Über Jahre hatte sich niemand die Hände an dem heißen Eisen Palästinenserstaat verbrennen wollen. Kerry ging die neue Aufgabe mutig, optimistisch und mit unermüdlicher Energie an. Dass er am Ende scheiterte, so glaubte man, lag an seinen schwierigen Partnern.

Tatsache ist, dass niemand im Weißen Haus auch nur daran dachte, den Unmut über den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland mit praktischen Maßnahmen zu unterstreichen. In Europa ist man nach jahrelangem Zögern nun hoffentlich bald so weit, die Produkte aus den Siedlungen für den Kunden einheitlich kenntlich zu machen. In Washington trinken Kerry und seine Freunde hingegen unverändert den guten Wein aus den Bergen Samarias, „made in Israeli settlements“.

Plötzlich aber geht es doch, Druck auf Israel auzuüben. Mit Tausend Toten in Gaza ist die Schmerzgrenze von Präsident Barack Obama erreicht. Ganz schnell müsse nun eine Waffenruhe her – um jeden Preis. Alle 15 Minuten stirbt ein Mensch im Gazastreifen. Natürlich muss das Blutvergießen aufhören. Aber um jeden Preis? Wie oft schon wurden Kriege zu schnell beendet und zogen deshalb bald schlimmere Schlachten nach sich.

Mit der Gefahr der Kassam-Raketen können sich die Israelis, die in den Kibutzim rings um den Gazastreifen leben, mehr schlecht als recht arrangieren. Hingegen ist der Gedanke für sie unerträglich, da könnte eines Tages ein Terrorist, der eben durch einen Tunnel direkt aus dem Gazastreifen kommt, geradewegs im Kinderhaus landen, um dort ein paar Knirpse einzusammeln und mit rüberzunehmen als Pfand für die palästinensischen Häftlinge. Solange die Gefahr der geheimen Tunnel aus Gaza nicht gebannt ist, wird Israel die Truppen nicht abziehen.

Dass der letzte Waffenstillstandsvorschlag aus der Feder John Kerrys das Tunnelproblem ignorierte, zeugt von Ignoranz und Stümperei. Schon bei der Wahl seiner Partner sollte der Chefdiplomat aus dem Weißen Haus schleunigst umdenken. Nicht die Türkei und Katar, sondern Ägypten und die Palästinenserführung von Machmud Abbas sind die rechten Berater. Abbas ist zudem der einzige, bei dem sämtliche Fäden zusammenlaufen könnten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.