Kommentar Türkei und IS-Militärschläge: Nicht zu früh freuen

Wer den türkischen Präsidenten im Kampf gegen IS sieht, hat das Kleingedruckte nicht gelesen: Erdogan will weder für Assad noch für die PKK bomben.

Was haben sie gemeinsam, was trennt sie? Recep Tayyip Erdogan (l.) und John Kerry Bild: dpa

Im Vorfeld der gestrigen Sitzung des UN-Sicherheitsrates hat der türkische Präsident in New York gesagt, es sei denkbar, dass sich sein Land demnächst an militärischen Aktionen gegen die Milizen des sogenannten Islamischen Staates (IS) beteiligen wird.

Für die USA wäre das ein wichtiger Schritt, weil die Türkei die längste gemeinsame Grenze mit Syrien und dem Irak hat und eine große US-Militärairbase in der Südtürkei wegen türkischer Bedenken bislang nicht eingreifen konnte.

Doch Obama sollte sich nicht zu früh freuen. Die türkische Regierung hat nach wie vor massive Vorbehalte und knüpft an eine Beteiligung an der Anti-IS Allianz verschiedene Bedingungen.

So erklärte ein enger Berater Erdogans gestern in Ankara, die Türkei könne eine militärische Teilnahme nur erwägen, wenn die USA zuvor klar machten, was letztlich das Ziel der Angriffe sei und wie Syrien am Ende des Krieges aussehen solle.

Dahinter steckt die Befürchtung, dass letztlich das Assad-Regime von den Militärschlägen auf IS profitieren könnte, was die türkische Regierung auf keinen Fall zulassen will. Deshalb fordert Erdogan schon seit Tagen, die Anti-IS Koalition solle zunächst über ganz Syrien eine Flugverbotszone verhängen, also mit anderen Worten, die syrische Luftwaffe, die ja nach wie vor auch andere Oppositionsgruppen als nur die IS angreift, ausschalten.

Das aber will Obama auf keinen Fall, denn dann müsste er sich offensiv mit Assad und IS gleichzeitig anlegen und im übrigen befürchten, dass Putin seinen Alliierten Assad mehr noch als bisher unterstützen würde.

Zuletzt hat Erdogan noch ein ganz eigenes Problem. Er befürchtet, dass von der Anti-IS Koalition nicht nur Assad sondern auch die Kurden und dabei insbesondere die PKK profitieren könnte. Zwar verhandelt seine Regierung seit längerem mit der PKK über Schritte zum Frieden, doch nach dem türkischen Fahrplan soll die PKK natürlich nicht aufgerüstet werden, sondern ihre Waffen niederlegen. Dass das türkische Militär nach 30 Jahren Krieg mit der PKK jetzt auf einmal die kurdische Guerilla – wenn auch nur indirekt durch Angriffe auf IS – mit Waffengewalt unterstützt, ist in Ankara völlig undenkbar.

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