Kommentar Terror psychisch Kranker: Eine irre Debatte

Nach den Angriffen in Bottrop und Essen fragen Beobachter, ob der Täter Terrorist oder psychisch krank ist. Doch es ist auch beides möglich.

Absperrband der Polizei in Bottrop

Nach der Tat: An diesem Platz in Bottrop fuhr ein Mann in eine Fußgängergruppe Foto: dpa

Der Auto-Angreifer von Bottrop/Essen – ist er ein Rechtsterrorist ODER ist er psychisch krank? Diese Frage stellen sich derzeit viele Beobachterinnen und Beobachter. Doch warum enthalten solche Fragen meist dieses „ODER“? Terror, Amoklauf und psychische Probleme schließen sich nicht aus, sondern können auch zusammen vorliegen. Vermutlich ist der ­Essener Angreifer ein gutes Beispiel hierfür.

Strafrechtlich kommt es darauf an, ob ein Täter oder eine Täterin fähig war, das Unrecht seiner/ ihrer Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Fähigkeit kann durch Alkohol, Drogen, aber auch psychische Krankheiten ausgeschlossen oder vermindert sein. Wer Stimmen hört, die ihm befehlen, Menschen zu töten, gehört vermutlich in die Psychiatrie und nicht ins Gefängnis. Aber nicht jede Form von psychischer Labilität führt zu Schuldunfähigkeit. Auch psychisch Kranke wissen in aller Regel, dass man keine Menschen totfahren darf.

Wenn eine strafrechtliche Verurteilung möglich ist, dann muss ein rassistisches Motiv strafverschärfend berücksichtigt werden. Das ist im Strafgesetzbuch im Paragrafen 46 ausdrücklich vorgesehen.

Wenn ein Amokfahrer seine Opfer nach rassistischen Kriterien auswählt, ist das ein offensichtlicher Fall hierfür. „Niedrige Beweggründe“ können aus einem Totschlags- sogar einen Mordversuch machen. Dann kommt auch eine lebenslange Freiheitsstrafe in Betracht.

Terror kann nicht nur von Gruppen, sondern auch von Einzelpersonen ausgeübt werden. Terror richtet sich nicht nur gegen den Staat, sondern gerade auch gegen Teile der Bevölkerung. Das ist in der deutschen Rechtspraxis schon lange anerkannt. Eine Möglichkeit, dies sichtbar zu machen, ist die Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt in Karlsruhe.

Auch auf der politischen Ebene kann der Verweis auf psychische Probleme des Täters nur bedingt entlasten. Wer Hass sät, hat eine politische Mitverantwortung dafür, dass sich der Hass in Verbrechen ausdrückt.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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