Kommentar Streik der Katholikinnen: Aufstand der Frauen

Es geht nicht nur um sexuelle Missbräuche, sondern um die Dominanz der Männer in der Kirche. Der Aufstand Maria 2.0 zielt auf's Ganze.

Zwei Frauen stehen vor dem Freiburger Münster und halten ein Banner mit der Aufschrift "Weiheämter auch für Frauen" in die Höhe

Demonstrantinnen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche Foto: dpa

Wer nicht hören kann, muss fühlen. So oder ähnlich müssen sich die Katholikinnen das gedacht haben, als sie beschlossen zu streiken. Eine Woche lang wollen sich gläubige Frauen jener Einrichtung verweigern, der sie seit Jahrtausenden bedingungslos dienen, die sie im Gegenzug dafür aber schlecht behandelt.

In der katholischen Kirche haben Frauen nicht nur nichts zu melden, weniger noch: Ihre Bedürfnisse und Sorgen, ihre Lebensentwürfe, ihre Forderungen nach Akzeptanz und Anerkennung werden von jeher komplett übergangen.

Allein die Schwangerschaftskonfliktberatung. Auch Katholikinnen können ungewollt schwanger und verlassen werden oder auf andere Weise in größten Nöten sein. Suchen sie Rat bei einer katholischen Beratungsstelle, treffen sie allerdings auf Beraterinnen, die ihnen sagen müssen: Wir können leider nicht so offen beraten, wie wir das gern täten, selbst wenn wir von Frau zu Frau reden. Wir dürfen auch nicht den gesetzlich geforderten Beratungsschein ausstellen, mit dem eine straffreie Abtreibung möglich ist.

Das ist Order von ganz oben – vom Papst und von der Deutschen Bischofskonferenz. Oder anders formuliert: Männer schreiben Frauen vor, wie sie zu leben haben.

Insofern geht es bei dem Aufstand Maria 2.0 keineswegs vor allem um all die unsäglichen Skandale sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, wie die Initiatorinnen der Onlinepetition voranstellen. Die Missbrauchsfälle und der lieblose Umgang der Bischofskonferenz damit sind nur der Anlass zu dem Streik.

Den streikenden Katholikinnen geht es um grundsätzliche Kritik an der Glaubensorganisation der katholischen Kirche, die in erster Linie auf männliche Karrieren und daraus resultierende Vorzüge ausgerichtet ist.

Die Kritik der Frauen richtet sich gegen das männlich-dominante Gebaren in und aus der Kirche heraus: die höchst verklemmte Sexualmoral, die seit Langem überholte Vorgabe, dass eine katholische Ehe nicht geschieden, sondern nur annulliert werden kann. Wer sich nicht mehr liebt, muss, um sich trennen zu können, die Beziehung – und damit auch Kinder aus der Ehe – komplett infrage stellen. Absurder geht es kaum.

Die Kritik der Frauen richtet sich zudem gegen den zutiefst inhumanen Zwangszölibat, dem Priester unterworfen sind. Und sie fordern die Gleichstellung von Frauen in jeder Hinsicht, nicht nur den Zugang zu einer Priesterinnenweihe. Frauen in der katholischen Kirche haben lange wutentbrannt zugesehen, wie Männer die Glaubenseinrichtung kaputt machen: mit frauenverachtenden Entscheidungen, mit sexueller und seelischer Gewalt, mit dem Verprassen von Kirchensteuern.

Will die katholische Kirche nicht weitere Mitglieder und damit an gesellschaftlicher Bedeutung verlieren, sollten die Männer der Kirche die Frauen endlich und ab sofort ernst nehmen.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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