Kommentar Sparpolitik in Spanien: Wie Merkel befiehlt

In Spanien ist die Schonfrist für die Bürger vorbei. Das Kürzungsprogramm der konservativen Regierung macht vor nichts halt. So, wie Angela Merkel es will.

Was haben Spaniens Konservative im Wahlkampf nicht alles versprochen. Steuererhöhungen seien ein Tabu, Kürzungen im Schul- und Gesundheitswesen sowieso, und vor allem wollten sie Arbeitsplätze schaffen. Das war vor nicht einmal 100 Tagen. Jetzt ist das alles vergessen. Die politische Schonfrist für die Regierung ist nicht vorbei, die für die Bürger schon.

Das Kürzungsprogramm, das auf die Spanier zukommt macht vor nichts halt. Bis Ende 2013 soll das Defizit von derzeit 8,5 Prozent auf 3 Prozent schrumpfen. So will es Angela Merkel und so hat es ihr ideologischer Kumpane und spanische Amtskollege Mariano Rajoy akzeptiert. Die Sparsumme beläuft sich auf 60 Milliarden Euro. Die gestern bekanntgegebene Liste von 24 staatlichen Unternehmen, die abgewickelt werden, ist nur ein ganz kleiner Teil des Gesamtpaketes.

Längst ist nicht mehr von Schaffung von Arbeitsplätzen die Rede. Die Regierung gesteht ein, dass in diesem Jahr mindestens weitere 600.000 davon verloren gehen werden. Sie addieren sich zu den 5,3 Millionen Arbeitslosen, die Spanien bereits hat. Das sind über 23 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung. Millionen Arbeitslosen bekommen bereits jetzt keine Stütze mehr.

Eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Spanien steckt in der Rezession. Sparen wird die Lage noch verschärfen. Eine Arbeitsmarktreform erleichtert Entlassungen. Alleine die Vorhersage schwerer wirtschaftlicher Zeiten erlaubt es einem Unternehmen Massenentlassungen durchzuführen oder einseitig Löhne zu senken und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Wer nicht damit einverstanden ist, kann sich selbst entlassen - das heißt er nimmt die gesetzliche - ebenfalls zusammengekürzte - Abfindung und geht einer ungewissen Zukunft entgegen.

Merkels Europa-Programm zur Bekämpfung der Krise funktioniert ganz offensichtlich nicht. Warum trotzdem daran festgehalten wird? Die Bundeskanzlerin tut alles, um das Risiko der heimischen Banken auf die EU abzuwälzen. Jetzt wo dieser Prozess abgeschlossen ist, hat der Süden, der sich einst beim Kauf deutscher Produkte mit deutschen Krediten verschuldete, zwei Möglichkeiten: Schlucken oder Gehen.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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