Kommentar Sieben Monate Bayern: Schluss mit dem Bayernbashing!

Autoritäre Landesväter, vergötterte Steuerhinterzieher. „Die spinnen, die Bayern“, könnte man denken. Doch unter der weiß-blauen Flagge gibt es Hoffnung auf Besserung.

Eine homosexuelle Schuhplattler-Tanzgruppe auf dem Marienplatz, eine schwul-lesbische Wählergruppe im Münchner Stadtrat: Bayern ist eben kein durch und durch schwarzer Fleck auf der Landkarte. Bild: dpa

Außerhalb des Freistaates haben wir Bayern es schon nicht leicht. Ständig zwingen wir unsere Zunge dazu, Hochdeutsch zu sprechen, aber kaum haben wir „Grüß' Gott“ gesagt, sind wir schon enttarnt. Und von da an will uns niemand mehr so recht ernst nehmen. Dabei wissen wir gar nicht so recht warum. Bayern ist doch echt a herrliches weißblaues Fleckerl.

Und zwar nicht bloß für Lederhosen-Fanatiker mit Bierbauch, mit Hendl in der Hand und Weißwurscht auf'm Tisch. Wir haben nämlich schon eine beachtliche Toleranz für Kerndl-Fresser, äh Veganer, entwickelt. Sogar beim nächsten Oktoberfest soll es was Veganes geben. Jaja, beim Oktoberfest verstummt immer des Bayernbashing. Sogar die Saupreißn trauen sich dann über'n Weißwurst-Äquator. Und nach der dritten Mass finden's den weißblauen Freistaat fast so super wie wir selbst.

Auch für Aliens ist Bayern das gelobte Land. Schließlich haben sie sich gerade ein oberbayerisches Feld ausgesucht, um uns mit „Kornkreiseln“ eine Liebesbotschaft zu hinterlassen. Und merken's was? Kein einziger Bayer vermutet dahinter Teufelszeug. Der Bauer, dem das mysteriöse Feld gehört, hat noch keinen Besuch vorm Exorzisten bekommen und auch die Exkommunikation ist ihm erspart geblieben. Nur Esoteriker pilgern jetzt in Scharen in die bayerische Pampa, um die besondere Schwingung wahrzunehmen. Und der Bauer jagt's nicht alle mit der Mistgabel vom Feld sondern überlegt sogar, das Weizenfeld mit der ominösen Inschrift erst später abzuernten.

Endgültig aus der Welt geschafft werden muss der Vorwurf, in den bayerischen Köpfen befinde sich schwarzer, konservativer Einheitsbrei. Im Münchner Stadtrat leuchtet schon seit 1996 die Rosa Liste, eine schul-lesbische Wählerinitiative. Damit ist sie europaweit die erste schwul-lesbische Wählergruppe in einem Kommunalparlament. Und am Christopher Street Day gab's ein besonderes Schmankerl vor dem Münchner Rathaus: die „Schwuhplattler“, eine schwule Schuhplattler-Tanzgruppe.

Nur den Vorwurf der Prüderie müssen wir uns wohl noch weiter gefallen lassen. Vor kurzem wurden Kunststudenten auf einer Passauer Eisenbahnbrücke vom Aktshooting erwischt. Da rückte prompt die Polizei aus und nahm Personalien der „Nackerden“ auf. Aber Zucht und Ordnung muss eben sein. Für ihren Dienst als Freund und Helfer werden die Gesetzeshüter dann auch belohnt. Wenn der Leiter der Drogenfahndung in Kempten einen dicken Fisch an Land zieht, darf er auch mal anderthalb Kilogramm Kokain behalten. Seiner Gattin sollte er aber dann auch etwas abgeben, sonst wird's zur Zwidawuazn und verpfeift ihn.

Und jetzt soll noch jemand behaupten, wir seien nicht sozial: Wer kein Geld für so eine richtig zünftige Geburtstagsfeier hat, der kann sich einfach mal zum Landrat wählen lassen. Dann zahlt nämlich die Hälfte die Sparkasse und die andere Hälfte der Kreishaushalt.

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