Kommentar Sexismus und „Ghostbusters“: Die Fantasien der Nerds

Vor dem Erscheinen bricht „Ghostbusters“ alle Negativrekorde – weil die Hauptfiguren weiblich sind. Den Fans fehlt der Sinn für Humor.

Ein grünes Gespenst schwebt in einem Raum

Ganz schön eklig ist nicht nur dieser Geist, sondern auch der Shitstorm gegen die Darstellerinnen Foto: dpa

Man könnte es fast für einen perfiden PR-Trick halten: Da wird ein Film in den USA neu verfilmt und bricht noch vor dem Kinostart Negativrekorde. Der Trailer wird im Netz zum unbeliebtesten Filmtrailer überhaupt gekürt, ein Shitstorm sondergleichen bricht los, als die Besetzung bekannt gegeben wird. Es hagelt sexistische und rassistische Kommentare. Und das im Jahr 2016!

Der Film heißt „Ghostbusters“, genauso wie die erfolgreiche Komödie aus dem Jahr 1984. Ein Popklassiker mit ikonischem Logo – ein Geist im Verbotszeichen – und einem Welthit von Ray Parker, Jr. als Titelsong. Vier Geisterjäger retten darin New York vor übernatürlichen Wesen, ausgerüstet mit reichlich technischem Hilfsgerät. Alles gleich geblieben in der Neufassung. Nur ein Detail ist anders: Statt männlicher Darsteller gibt es vier Schauspielerinnen, die auf Geisterjagd gehen, Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Leslie Jones und Kate McKinnon. Das passt vielen Fans des Originals überhaupt nicht ins Konzept.

Eigentlich sollte man meinen, dass Ausfälle dieser Art in Demokratien zu Randerscheinungen gehören. Doch wenn eine Komödie derart massiv polarisieren kann, scheinen die Geschlechterressentiments zumindest noch sehr verbreitet zu sein. Warum brechen die ausgerechnet bei „Ghostbusters“ hervor?

Man stelle sich den typischen Fan dieses Films als einen friedlichen – männlichen – Nerd vor, der sich für Technik, Science-Fiction und Übernatürliches begeistert und, womöglich mit wuscheligen Haaren und Brille ausgestattet, seinen kindlichen Neigungen begeistert am Rechner nachgeht. Männliche Nerds gelten als weniger bedrohliche Vertreter ihres Geschlechts als scheue Typen, die aber eigentlich cooler sind als die Repräsentanten einer traditionellen Männlichkeit.

Anscheinend muss man dieses Nerd-Bild – in Teilen – korrigieren. Vielmehr zeigt die Reaktion auf den „Ghostbusters“-Film, dass viele Nerds in bestimmten Dingen überhaupt keinen Sinn für Humor haben. Und schon gar nicht als Repräsentanten aufgeweichter Vorstellungen von Sexualität taugen. Sind sie am Ende bloß Muttersöhnchen, die sich selbst in die Rolle der laserstrotzenden Antihelden hineinfantasieren? Gegen derlei Regression empfiehlt sich Nerd-Therapie – durch weibliche Nerds. Wie die im Film.

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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