Kommentar Scholz-Nachfolger: Peter wer?

Peter Tschentscher soll Hamburgs Erster Bürgermeister werden. Dass er die SPD bis zur Wahl 2020 aus dem Stimmungstief führt ist unwahrscheinlich.

Peter Tschentscher und Olaf Scholz

Ausstrahlung eines Ärmelschoners: Scholz-Nachfolger Peter Tschentscher Foto: dpa

Nachfolger von Olaf Scholz als Hamburgs Erster Bürgermeister wird Peter Tschentscher. So hat es die SPD-Spitze des Stadtstaats entschieden. Peter wer? Das ist die Reaktion bei fast allen HamburgerInnen, die sich nicht von Berufs wegen für Politik interessieren. Der Mann hat es geschafft, sieben Jahre lang Finanzsenator zu sein, ohne aufzufallen.

Vielleicht ist das ein gutes Zeichen. Als Finanzsenator kann man schnell zum Buhmann werden, wenn man versucht, das Geld zusammenzuhalten. Und das hat Tschentscher getan. Er hat Schluss gemacht mit der vogelwilden Wünsch-dir-was-Finanzpolitik von Schwarz-Grün, die aus Privatisierungserlösen finanziert war und die Stadt deswegen nachhaltig belastet.

Dass Tschentscher Milliarden aufwenden musste, um Elbphilharmonie und Hapag-Lloyd-Reederei zu retten und die HSH Nordbank loszuwerden, kann er getrost seinen CDU-Vorgängern anlasten. Aber Tschentscher hat auch von sprudelnden Steuereinnahmen profitiert.

Seine fachliche Kompetenz ist dennoch unbestritten. Tschentscher ist ein akribischer Aktenfresser und durch das Querschnittsressort Finanzen mit vielen Politikfeldern vertraut. Darin ähnelt er seinem Vorgänger Scholz frappierend und scheint prädestiniert für das Amt des Verwaltungschefs.

Zum Bürgermeisteramt gehört mehr als Sachkenntnis

Doch das Bürgermeisteramt ist mehr. Und habituell-performativ erinnert Tschentscher vor allem an den frühen Olaf Scholz: den unnahbaren, kalten Apparatschik. Olaf Scholz hat 15 Jahre unglaublich hart an sich gearbeitet, um vom „Scholzomaten“ zum Menschen zu werden, zum Kümmerer, dem man die Sorge um das Gemeinwohl auch abnimmt.

Diesen Weg hat Tschentscher eher noch vor sich. Das Problem: Er hat nur anderthalb Jahre Zeit. Dann ist Wahlkampf. Gerade erst wurden desaströse Umfragewerte bekannt, die Hamburger SPD ist in der Wählergunst auf 28 Prozent abgestürzt.

Da wäre es nicht schlecht, wenn die SPD einen Bürgermeister mit Ausstrahlung aufbieten könnte, der den Amtsbonus auch ausspielen kann. Einen, der eine Vision für die Stadt hat. Der die Menschen auch mal mit einer Rede mitreißt. Einen zum Anfassen. Sich all das von Peter Tschentscher vorzustellen, fällt schwer. Deswegen hatte auch niemand in der Stadt Tschentscher auf der Rechnung, bis die Personalie am Freitagnachmittag an die Bild durchgestochen wurde.

Scholz hinterlässt viele Probleme

Es zeigt sich, dass Olaf Scholz sein Feld nicht so gut bestellt hat, wie er gern behauptet. Bei Volksentscheiden hat er herbe Niederlagen eingesteckt, andere mit viel Geld erstickt. Mit dem Staatsversagen beim G20-Gipfel – und seinen zynischen Kommentaren dazu – hat er das Vertrauen in die SPD, wenn nicht in den Staat als solchen, schwer erschüttert.

Und die SPD hat er mit eiserner Hand in einen Jasager-Haufen umgemodelt, aus dem kaum politische Talente nachwachsen konnten. Er hat alles auf eine Karte gesetzt: seinen Kronprinzen Andreas Dressel. Nur leider hat er vergessen sich zu vergewissern, ob der auch zur Verfügung steht.

So muss die Partei nun eine Notlösung mit der Ausstrahlung eines Ärmelschoners in die nächste Wahl schicken.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.