Kommentar Putins Forderungen: Neurussland löst Ängste aus

Mit seiner Maximalforderung nach Eigenstaatlichkeit des Donbass hat Präsident Putin allen, die den Waffenstillstand wollen, einen Bärendienst erwiesen.

Wie soll der zukünftige Status des Donbass aussehen? Bild: dpa

Zwei Aufgaben müssen in der Ostukraine dringend bewältigt werden: ein Waffenstillstand ohne jegliche Vorbedingung. Außerdem muss verhandelt werden, wie der Donbass in Zukunft mit Kiew zusammenleben will und kann. Zweifellos ist ein Waffenstillstand einfacher zu erreichen als ein Vertrag über einen zukünftigen Status des Donbass.

Wer sich mit zwei Aufgaben konfrontiert sieht, sollte mit der einfacheren beginnen. Im Fall der Ostukraine bedeutet das: erst Waffenruhe und danach den Kompromiss über alles andere, einschließlich Statusfragen, suchen.

Mit seiner Maximalforderung nach Eigenstaatlichkeit des Donbass hat Präsident Putin die Hürden für einen Waffenstillstand höher gelegt und allen, die diesen wollen, einen Bärendienst erwiesen. Dabei sind gerade jetzt die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand sehr günstig. 57 Prozent der befragten Ukrainer haben sich in einer jüngsten Umfrage für ein sofortiges Ende der Anti-Terror-Operation und die Suche nach Kompromisslösungen ausgesprochen.

Auch der Name, den Putin diesem neuen Staat geben will, dürfte in Kiew Ängste auslösen: „Neurussland“. Damit bezieht er sich auf eine russische Provinz gleichen Namens im 18. Jahrhundert, zu der auch Odessa, Dnipropetrowsk, Nikolajew und Cherson gehörten. Ein eigenstaatliches „Neurussland“, fürchtet man in der Ukraine, wird sich kaum kaum mit den Städten um Donezk und Lugansk zufrieden geben.

Auch wenn sehr viele Grenzen auf der Welt auf ungerechte Weise entstanden sind, sollte man der Erkenntnis Rechnung tragen, dass Grenzänderungen fast immer blutig verlaufen. Deswegen muss das „Recht auf Unverletzlichkeit der Grenzen“ immer Vorrang vor dem „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ haben.

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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