Kommentar Proteste in der Türkei: Mauern gegen das Volk

Der Herbst wird heiß: Statt auf die Demonstranten zuzugehen, baut der türkische Ministerpräsident Erdogan weiter Moscheen.

Die Demonstranten lassen sich von Erdogans Strategie nicht entmutigen. Bild: ap

In der Türkei zeichnet sich nach dem Aufstand im Frühsommer nun ein heißer Herbst ab. Nachdem Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan mit massiver Polizeigewalt das Protest-Camp im Gezipark räumen und Hunderte Kritiker strafrechtlich verfolgen ließ, hatte die AKP-Regierung gehofft, es kehre Ruhe im Land ein. Das Gegenteil ist der Fall.

Zwar herrscht rund um den Gezipark und den Taksimplatz nun ein absolutes Demonstrationsverbot, das die Polizei mit brutaler Härte durchsetzt. Dieses Verbot führt allerdings nur zu einer Verlagerung der Proteste an andere Orte. Die neuen Unruhen haben noch nicht die Qualität und den Umfang des Frühsommers erreicht. Es ist allerdings schon absehbar, dass die Protestwoche in Kadiköy eine Fortsetzung dieses Aufstands einleitet.

Denn Erdogans Regierung denkt gar nicht daran, auf die Demonstranten zuzugehen oder gar ihren Forderungen entgegenzukommen. Weiter beschimpft der Ministerpräsident seine Kritiker, rückt sie in den Dunst des Terrorismus und setzt die Betonpolitik fort, der auch der Gezipark zum Opfer fallen sollte. Erst an diesem Wochenende teilte Erdogan der Istanbuler Stadtverwaltung mit, demnächst werde mit dem Bau einer großen Moschee auf einer der Prinzeninseln begonnen.

Die Inseln sind ein Refugium der nichtmuslimischen Bevölkerung, die bereits heftig protestiert. Im Vorfeld des Wahljahres setzt der Ministerpräsident damit nur noch auf seine Kernwählerschaft. Befeuert durch Erdogans Freund-Feind-Rhetorik soll sie ihm auch im Angesichts des wirtschaftlichen Abschwunges noch die Mehrheit sichern. Ob diese Strategie aufgeht, wird erst der März zeigen.

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