Kommentar Parteiausschluss aus der AfD: Prüfstein Höcke

Die liberal-konservativen Kräfte in der AfD müssen jetzt ihre Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen. Doch Höckes rechter Flügel wird immer mächtiger.

Portrait von Hocke vor der Fahen der Bundesrepublik

In Eisenach wurde er von Gewerkschafter_innen vertrieben, seine Partei tut sich dagegen mit einem Rausschmiss schwer Foto: dpa

„Das war doch zu erwarten“ oder Schulterzucken – das löst das Urteil des Thüringer Landesschiedsgerichts, Parteirechtsaußen Björn Höcke nicht aus der AfD auszuschließen, vielerorts aus. Schließlich würden Höcke und die offene Grenze zum Rechtsextremismus längst zum Markenkern der AfD gehören. Das stimmt. Und dennoch lohnt es sich, genauer hin zu schauen. Denn jetzt ist der Bundesvorstand der rechtspopulistischen Partei am Zug.

Und der hat noch immer zahlreiche Mitglieder, die sich selbst als liberal-konervative Kräfte begreifen und – zumindest hinter vorgehaltener Hand – sich von Höcke und seinem völkischen Nationalismus abgrenzen. Und die vor gut einem Jahr das Parteiausschlussverfahren mit auf den Weg gebracht haben. Nimmt man sie ernst, darf man jetzt erwarten, dass von Storch und Weidel, Pazderski , Glaser und Co. Farbe bekennen. Wollen sie auch nur einen Hauch von Glaubwürdigkeit für sich reklamieren, können sie das Verfahren gegen Höcke nicht einfach zu den Akten legen.

Da reicht auch nicht der Verweis, der sicher kommen wird, wie schwer Parteisausschlüsse hierzulande durchzusetzen sind. Denn ganz aussichtslos ist das Unterfangen nicht, die Vorwürfe gegen Höcke – darunter Nähe zum Nationalsozialismus – wiegen schwer. Und im Bundesschiedsgericht sind die Mehrheiten ganz andere als auf der Thüringer Landesebene.

Und doch ist fraglich, ob jemand für den Ausschluss Höckes kämpfen wird. In den vergangenen Monaten – besonders auffällig auf dem Bundesparteitag im Dezember – haben sie alle vermieden, sich öffentlich zu positionieren. Ein Grund: Es standen Wahlen zum Bundesvorstand an. Höckes rechter Flügel stellt zwar noch nicht die Mehrheit in der Partei, aber er ist mächtiger geworden. Und etwas gegen ihn durchzusetzen, ist schwer.

Zumal der Vorwurf, so spalte man die Partei, in der AfD immer schnell bei der Hand ist. Hinzu kommt aber auch, dass das Gefühl der eigenen Wirkmächtigkeit an die hohen Wahlergebnisse der gebunden ist. Zu diesen tragen aber auch die WählerInnen maßgeblich bei, deren Held Höcke ist. Es könnte also gut sein, dass ein erneuter Kampf gegen Höcke ausbleibt. Dass der Bundesvorstand das Verfahren ruhen lässt oder eine Ordnungsmaßnahme verhängt, die Höcke nicht wirklich weh tut. Dann aber ist dieser letzte Hauch von Glaubwürdigkeit der vermeintlich Liberal-Konservativen in der AfD endgültig dahin.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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