Kommentar Ozeankonferenz: Die scheinheilige Wohlfühlallianz

Die Lage der Meere ist dramatisch schlecht. Aber sich ganz vorne an die Spitze der Anti-Trump-Bewegung zu setzen, löst auch kein Problem.

Müll liegt an einem Strand

Erwärmung, Vermüllung, Überfischung – die Lage der Meere ist dramatisch schlecht Foto: ap

Ach, ist das schön auf der Seite der Guten. Während sich „Total-loser-so-sad-Donald-Trump“ aus dem internationalen Konsens zum Klimaschutz verabschiedet, bildet der Rest der Welt eine Allianz für erneuerbare Energien, für die Rettung der Wälder und, aktuell, der Ozeane. Die Bedeutung des ersten UN-Gipfels zu den Weltmeeren, urteilt etwa das deutsche Umweltministerium, nehme durch Trumps Ankündigung durchaus zu.

Diese Erzählung des „Jetzt erst recht“ wäre ja großartig, wenn nur irgendetwas an ihr dran wäre. Doch hat die angebliche neue Umweltschutz-Allianz zwischen der Europäischen Union und China schon bei ihrer ersten Bewährungsprobe vergangenen Freitag tiefe Kratzer bekommen, als eine gemeinsame Klima-Erklärung am Streit über Handelsfragen scheiterte.

Und auch beim Schutz der Meere versagen die Europäer kläglich an ihren eigenen Küsten. Seit Jahren schaffen sie es nicht, mit angemessenen Fangquoten die Fischbestände in Nord- und Ostsee zu erhalten. Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen verfolgen fassungslos, wie ökonomische Interessen der Fischerei eine nachhaltige Politik verhindern.

Noch ein Beispiel: Bei der Suche nach Erzen in der Tiefsee stehen die rohstoffhungrigen Industrienationen Europas und Asiens den USA in gar nichts nach. Wer Geld und Know-how hat, sichert sich schon jetzt Lizenzen für einen künftigen Abbau, so einfach ist das. Der Trampel Trump hat sich mit seinem Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen vor allem rhetorisch isoliert. Faktisch aber ist er es nicht.

Da setzen alle Industrienationen weiter auf Wohlstand durch Wachstum, und das ist ohne einen steigenden Ressourcenverbrauch nun mal nicht zu haben. Wenn sich mit Umwelt- und Klimaschutz Arbeitsplätze schaffen lassen – etwa in Offshore-Windanlagen oder mit Tourismus im Welterbe Wattenmeer – prima. Wenn Umwelt- und Ressourcenschutz aber Arbeitsplätze kosten sollen, aufgrund strengerer Fangquoten oder des Ausstiegs aus der Kohlekraft, dann ist ganz schnell Schluss mit grün.

Erwärmung, Vermüllung, Überfischung – die Lage der Meere ist dramatisch schlecht. Sich ganz vorne an die Spitze der Anti-Trump-Wohlfühlbewegung zu setzen, löst kein Problem. Auch beim Schutz der Ozeane gilt, es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 72, schreibt über Rohstoffthemen, Chemie und gerne auch den Wald. (Mit-)Autorin verschiedener Bücher, zuletzt eine Stoffgeschichte über Seltene Erden.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.