Kommentar Obama: Republikaner unversehens im Glück

Ob Migrationsreform, Waffenrecht oder Steuerpolitik: US-Präsident Barack Obama steht unter Druck der Opposition.

Das ging schnell. Sah es noch vor ein paar Monaten so aus, als könne Obama ob des klaren Wahlsieges im November in seiner zweiten Amtszeit trotz starker republikanischer Opposition im Kongress eine ganze Reihe wichtiger Reformen erfolgreich angehen, steht er jetzt schon wieder unter massivem Druck, und der zeigt Wirkung.

Noch immer drängen die Republikaner auf die Klärung der Ereignisse von Benghazi, und die Regierung sah sich genötigt, ein ganzes Bündel von Email-Konversationen zu veröffentlichen, die sie eigentlich unter Verschluss halten wollte. Noch immer geht es darum zu klären, ob das Außenministerium Hilferufe der Botschaft in Libyen unbeachtet gelassen und die Öffentlichkeit mit der falschen Darstellung, der bewaffnete Überfall auf das US-Konsulat in Benghazi am 11. September 2012 sei ein außer Kontrolle geratener Spontanprotest gewesen, wissentlich belogen hat.

Die gesamte Medienlandschaft protestiert gegen die Enthüllung, dass die Telefone der Agentur AP im Zusammenhang mit der Berichterstattung über einen verhinderten Terroranschlag überwacht wurden, und die Steuerfahndung IRS hat zu Beginn von Obamas Amtszeit gezielt konservative Vereine unter die Lupe genommen. Das ist mehr, als eine Regierung einfach so wegstecken kann.

Die Entlassung des Chefs seiner Steuerfahndungsbehörde IRS war zwingend, wenn Obama ernst meint, was er nun schon mehrfach verkündet hat: Dass nämlich die IRS gegen alle Grundsätze gehandelt und die Glaubwürdigkeit und Integrität staatlicher Institutionen aufs Spiel gesetzt hat. Der Skandal scheint alles zu bestätigen, was die jeder US-Regierung herzlich abgeneigten Aktivisten der Tea Party – und die Waffennarren – immer geahnt haben: Der Moloch Bundesregierung neigt zur Übergriffigkeit und schränkt die Freiheitsrechte der Bürger ein. Auch die Debatte um Obamas Gesundheitsreform könnte durch den IRS-Skandal neu angefacht werden.

Die oppositionellen Republikaner dürften sich vor Glück verwundert die Augen reiben. Migrationsreform, Waffenrecht, Steuerpolitik – überall waren sie in der Defensive und schnitten in der veröffentlichten Meinung immer schlechter ab - als Reformverhindererpartei alter weißer Männer. Das stimmt zwar heute noch genauso wie vor sechs Monaten. Es sieht nur plötzlich womöglich ein bisschen attraktiver aus.

Obama wird weiter reagieren müssen, um weiter regieren zu können. IRS-Chef Steven T. Miller dürfte nicht der letzte gewesen sein, der in diesem Zusammenhang seinen Job verliert.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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