Kommentar Militärmanöver in Südkorea: Raus aus der Eskalationsspirale

Militärmanöver im Süden wie Raketentests des Nordens erhöhen die Gefahr eines bewaffneten Konflikts. Eine kluge Politik sieht anders aus.

Nordkoreanische Soldaten beobachten durch ein Fernglas einen südkoreanischen Soldaten

Jahrzehntelanger Konflikt: Die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea wachsen Foto: dpa

Südkorea fühlt sich zu Recht schon ohne Atomraketen des Nordens von diesem militärisch bedroht. Umgekehrt ist es nachvollziehbar, dass sich das nördliche Regime durch die Aktivitäten des US-Militärs im Süden in seiner Existenz bedroht sieht – auch ohne die jüngsten Drohungen des US-Präsidenten. Die Militärmanöver im Süden wie die Raketentests des Nordens tragen somit erheblich zu den Spannungen auf der koreanischen Halbinsel bei und erhöhen die Gefahr, dass beide Seiten in einen militärischen Konflikt mit unkalkulierbaren Folgen schlittern.

Eine kluge Politik sieht anders aus. Statt weiter an der Eskalationsspirale zu drehen, muss diese durchbrochen werden. Seoul und Washington wären deshalb gut beraten, die seit 1976 jährlich durchgeführten Manöver wenigstens für einige Zeit aus­zusetzen. Das würde Raum schaffen für Entspannungs­signale, vertrauens­bildende Maßnahme und Verhandlungen. Letztere sind der ohnehin einzig vernünftige Weg, den Jahrzehnte währenden Konflikt, wenn nicht zu lösen, so doch wenigstens einzuhegen.

Das ist in der Praxis natürlich ex­trem schwierig. Solange aber die USA und Südkorea mit dem Säbel rasseln, spielen sie nur der nordkoreanischen Propaganda in die Hände und stärken damit das Regime in Pjöngjang. Ein smarter Ausstieg aus der Eskalationsspirale darf natürlich nicht so aussehen, als belohne er die Drohungen des Nordens. Die Präsidentschaft des liberalen Moon Jae In im Süden, der erst im Mai dieses Jahres sein Amt antrat, hätte ein guter Anlass für einen Neuanfang sein können.

Selbst US-Präsident Donald Trump hatte ja im Wahlkampf schon einmal seine Bereitschaft signalisiert, notfalls auch Nordkoreas Diktator Kim Jong Un zu treffen. Zu solch unkonventionellen Schritten ist er heute offenbar nicht mehr bereit. Präsident Trump ist vielmehr auf einen konfrontativen Kurs eingeschwenkt, der sich seit dem allerersten Manöver 1976 als fatal erwiesen hat.

Seoul und Washington wären gut beraten, gemeinsame Manöver einstweilen auszusetzen

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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