Kommentar Migrations-Gesetzespaket: Teures Würflein

Lange hat die SPD auf ein Einwanderungsgesetz gepocht. Doch der Migrations-Gesetzespakt hat wenig mit Offenheit zu tun.

Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) im Bundestag.

Die Kritik am ­Abschiebegesetz ist deutlich lauter ist als  das Lob für das Fachkräftegesetz Foto: imago images/Future Image

Die SPD feiert – und es hätte Grund dazu geben können. Denn immerhin bekommt Deutschland endlich ein Gesetz, das das Wort „Einwanderung“ im Titel trägt. Seit über 20 Jahren habe man das gefordert, klopft die SPD sich auf die Schulter. Es sei die „größte Reform unseres Einwanderungsrechts“. Ja, dieser Schritt war lange überfällig. Doch die Große Koalition wäre nicht die Große Koalition, wenn es so einfach ginge.

Ein echtes und liberales Einwanderungsgesetz hätte ein Meilenstein sein können. Es hätte dem Fachkräftemangel entgegengewirkt, und es hätte Menschen Möglichkeiten eröffnet, die heute mangels Alternativen den nicht für sie gedachten Weg über das Asylrecht wählen – und dabei oft ihr Leben riskieren.

Ein Meilenstein, den die Union nicht mitzustemmen bereit war. Dem „Wir wollen Einwanderung“ der SPD setzte der Koalitionspartner sein „Wir wollen Abschiebungen“ entgegen. Ins Einwanderungsgesetz haben CDU und CSU hohe Hürden und Einschränkungen diktiert, im Geordnete-Rückkehr-Gesetz hemmungslos verschärft. Kein Wunder also, dass die Kritik am ­Abschiebegesetz deutlich lauter ist als das Lob für das Fachkräftegesetz. Und in der Wechselwirkung aller Gesetze schrumpfen selbst die Öffnungen, die die SPD erwirkt hat, in sich zusammen.

So hat die Botschaft, die der Bundestag am Freitag aussendet, wenig mit Willkommen und Offenheit zu tun. Vielmehr lautet sie: Abschrecken, Kontrollieren, Zumachen. Ganz der Unionssound also.

Und die SPD tönt – notgedrungen – mit. Denn ohne Zustimmung der Union gibt es keine Mehrheit für das Einwanderungsgesetz in der ohnehin krisengebeutelten Regierungsfraktion. Und ohne Kompromiss droht am Ende: gar keine Koalition mehr.

So lange haben die Sozial­demo­krat*innen auf das Einwanderungsgesetz gepocht. Diesmal haben sie es damit sogar in den Koalitionsvertrag geschafft. Aber statt des großen Wurfs wurde daraus ein Würflein. Und selbst das hat die SPD teuer erkauft.

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leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.

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