Kommentar Laute Autos und Motorräder: Die Lärmtests sind eine Farce

Nicht nur bei Abgas und Verbrauch betrügen die Konzerne: Auch beim Lärm wird offenbar systematisch getrickst – wahrscheinlich sogar legal.

Messgerät und Motorrad mit Auspuff

Ist auch dieses Motorrad zu laut? Foto: dpa

Diese Gangster! Nach Dieselskandal und Verbrauchsbetrügereien will man es gleich gewusst haben: Die Autobauer bescheißen auf Kosten der Gesundheit von Millionen dreisterweise auch beim Lärm – nur für noch ein paar Milliarden Rendite.

Allerdings: gemach! Der „Plus­minus“-Bericht liefert zunächst nur Belege dafür, dass Auto- und Motorradbauer auch beim Motorkrach tricksen. Noch geht es nicht um Razzien, saftige Bußgelder oder gar Gefängnisstrafen. Bewiesen ist nichts.

Aber: Das Thema ist nicht neu. Allen Experten ist längst klar: Die Lärmtests sind eine Farce. Zwar wurden die Grenzwerte für die Zulassungstests von Pkws immer wieder reformiert, aber zwischen Prüfungssituation und realem Verkehr gibt es – wie beim Stickoxid – krasse Unterschiede. Tatsächlich sind die Autos deshalb sogar in den letzten 25 Jahren kein Dezibel leiser geworden.

Anstatt die vergleichbare Einhaltung von Geräuschemissionen zu gewährleisten, sorgen die realitätsfernen Tests weiter für nervtötenden Krach. Angeblich wollen die Kunden den Röhr-Sound, sagt die Industrie. Bei den Lkws hat sie es geschafft, sie sind tatsächlich leiser geworden.

Jeder zweite Deutsche fühlt sich von Straßenlärm belästigt, laut Studien führt der Verkehrslärm in Europa jährlich zu 50.000 tödlichen Herz­infarkten.

Die Regulierung kuscht vor den Konzernen

Deshalb: Die Regulierung kuscht – mal wieder – zu sehr vor den Konzernen. In den für die Tests zuständigen Gremien sitzen hauptsächlich Industrievertreter, die sich Verfahren nach ihrem Gusto basteln. Wahrscheinlich ist deshalb sogar alles legal. Auch die seit 2016 gültige EU-Verordnung ist wie eine Lizenz zum Dröhnen.

Das Schlimmste: Das Dieseldrama hat gezeigt, dass sich der Gesetzgeber lieber um die Konzerne als um Auspuff- und Lärmgeschädigte kümmert. Eins hilft: abwählen!

Noch was: Finden Sie nicht auch, dass das Frisieren von Motorrädern nur ein Kavaliersdelikt ist? Sehen Sie!

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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