Kommentar Krieg in Mali: Noch lange nicht befreit

Es ist völlig verfrüht, den Norden als befreit zu bezeichnen. Der Krieg gegen die Islamisten wird nur eine neue Gestalt annehmen.

Jetzt also auch noch Kidal. Mit der Stadt im äußersten Nordosten Malis soll nun das dritte Zentrum des Nordens von Terroristen und Islamisten befreit sein. In Mali wird darüber gejubelt, in Frankreich erst recht. Doch was nach einem militärischen Erfolg auf ganzer Linie klingt, könnte die Armeen in absehbarer Zeit vor ganz andere Probleme stellen.

Denn bei all der Begeisterung über die enorm schnelle Rückeroberung – viele Menschen hatten sich auf einen zermürbenden Kampf eingestellt – wird eines völlig ausgeblendet: Die Rebellen des Nordens haben zwar offenbar die drei großen Städte verlassen; vermutlich ist ihnen schon kurz nach Beginn der Militärintervention klar geworden, dass sie im Moment keine Möglichkeit haben, einen offenen Kampf gegen das französische Militär zu gewinnen. Das heißt jedoch nicht, dass sie plötzlich dem Extremismus abschwören oder es sie einfach nicht mehr gibt – im Gegenteil.

Es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Kämpfer von Ansar Dine, der Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika, und von al-Qaida im islamischen Maghreb nun weiter in die Wüste zurückziehen. Dort kennen sie sich aus und können neue Strategien planen – möglicherweise in Form eines Guerillakrieges. Denn einen Staat oder eine ganze Region kann man nicht nur durch Besetzung schwächen, sondern auch durch kleine Anschläge. Wie gut das funktioniert, hat Nigerias islamistische Terrorgruppe Boko Haram in den vergangenen zwei Jahren hinreichend demonstriert.

ist Westafrika-Korrespondentin der taz. Sie hat Mali vielfach besucht und von dort berichtet, zuletzt mit der Reportage „Jede ist mal an der Reihe“ aus Mopti.

Mali könnte es nun ähnlich ergehen. Gezielte Angriffe, etwa auf internationale Einrichtungen, die völlig unvorhersehbar sind, schüren ebenso Angst und Schrecken wie ein offener Kampf. Daher ist es völlig verfrüht, den Norden als befreit zu bezeichnen. Der Krieg gegen die Islamisten wird nun nur eine neue Gestalt annehmen.

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Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.

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