Kommentar Hoeneß: Kampf für den Steuerhinterzieher

Die Sponsoren stützen den FC-Bayern-Chef. Sie glauben nicht, dass sie an Ansehen verlieren können, wenn sie einen Steuerhinterzieher stützen.

So ist das also. Der FC Bayern München kann sich besser auf seine sportlichen Ziele konzentrieren, wenn der Präsident, der wegen Steuerhinterziehung im Visier der Staatsanwaltschaft ist, als Aufsichtsratsvorsitzender in Amt und Würden bleibt. Die Industrie-, Medien-, Finanz- und Politbonzen, die sich am Montag zur Aufsichtsratssitzung getroffen haben, wollten Uli Hoeneß' scheinheiliges Angebot, seine Ämter ruhen zu lassen, nicht akzeptieren.

Sie sind in den gesellschaftlichen Kampf um die Deutungshoheit beim Thema Steuererhebung in Deutschland eingestiegen. Sie haben sich dazu entschlossen, an der Seite eines bekennenden Steuerhinterziehers für die Bagatellisierung von Steuerdelikten in die Schlacht zu ziehen. Sie glauben offenbar nicht, dass sie Punkte, gar Ansehen verlieren können, wenn sie einen wie Hoeneß schützen.

Vielleicht sind sie sogar der Meinung, mit der Causa Hoeneß Gewinn machen zu können, weil sie glauben, dass anhand der Geschichte des guten Menschen vom Tegernsee Steuerhinterziehung endgültig zur lässlichen Sünde undefiniert werden kann. Hoeneß soll sich bei den Aufsichtsräten entschuldigt haben. Die haben die Entschuldigung angenommen. Das reicht den Bonzen erst mal.

Mit in der Bonzenrunde saß am Montag auch Edmund Stoiber, der abgehalfterte Ex-Ministerpräsident Bayerns, der auf dem peinlich-pompösen Wahlkonvent der CSU in der vergangenen Woche als Wahlkampfmaschine für seinen Nachnachfolger im Amt, Horst Seehofer, aufgebaut worden ist. Für ihn und den bekennendnen Hoeneß-Spezi Seehofer, der ja auch nichts Schlimmes daran finden kann, dass ein Steuerhinterzieher an der Spitze eines gemeinnützigen Sportvereins sowie eines Sportunternehmens steht, wird besonders interessant, wie der Kampf um das Steuerthema ausgeht.

Während sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und auch die Kanzlerin Angela Merkel deutlichst von Hoeneß distanziert haben, fahren die CSU-Granden einen wahren Amigo-Kurs beim Thema Hoeneß. Sie haben sich mit ihrer Haltung regelrecht festgekettet an Hoeneß, so als stünde am 25. Mai nicht der FC Bayern München sondern der Freistaat Bayern im Finale der Champions League. Doch die CSU kann mehr verlieren als ein sportliches Finale. bei der Landtagswahl im Herbst geht es um die absolute Mehrheit, die längst nicht mehr so sicher scheint wie noch vor ein paar Wochen.

Und die Wirtschaftsunternehmen? Hat wirklich jemand in diesem Land ernsthaft geglaubt, ausgerechnet diese Großkonzerne würden handeln wie moralische Anstalten? Für Firmen wie VW, Audi, Unicredit, Adidas oder die Telekom ist die FC Bayern AG eine kleine Nummer und ein paar hinterzogene Steuermillionen sind da nun wahrlich nicht der Rede Wert. Zumal derjenige, der den Schaden hat in der Hinterziehungsaffäre, der Staat, von diesen Konzernen als ernsthafter Gegner in einer Auseinandersetzung sowieso nicht ernst genommen zu werden braucht. Der Fall Hoeneß ist für die Konzerne dann doch zu klein, um irgendwelche selbstformulierten Anstandsregeln zur Anwendung zu bringen. Da kann man sich in den Firmenzentralen getrost zurücklehnen, die Arme verschränken und zusehen, wie der gesellschaftliche Kampf um die Frage, ob Steuerhinterziehung etwas Böses ist, ausgeht.

Dass sie genauso wie die Führer der Bayerischen Staatspartei offenbar glauben, dass der Ausgang in dieser Auseinandersetzung offen ist, das ist das eigentlich Bedenkliche an der Entscheidung des Aufsichtsrates der FC Bayern AG einen wie Hoeneß im Amt zu belassen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.