Kommentar Haasenburg-Skandal: Schließt die Heime endlich

Alle Beschwerden und Hilferufe reichen also nicht aus, damit die Landesregierung in Brandenburg Konsequenzen zieht. Was muss eigentlich noch passieren?

Ein entflohener Junge wurde gerade wieder in ein Haasenburg-Heim zurückgebracht. Bild: dpa

Über fünfzig Kinder und Jugendliche leben derzeit in den drei Haasenburg-Heimen in Brandenburg. Über fünfzig Kinder und Jugendliche sind auch heute Morgen wieder in den geschlossenen Anstalten aufgewacht, obwohl durch die taz bekannt wurde, was sich hinter diesen Mauern abspielt: Kinder werden misshandelt und isoliert. Insassen berichten, dass ihnen Arme ausgekugelt und Knochen gebrochen wurden.

Ein Mädchen erhängte sich 2005, weil sie dieses Leben offenbar nicht mehr aushalten konnte. Spätestens seit 2006 berichten Mitarbeiter beim zuständigen Landesjugendamt immer wieder über den brutalen Umgang. Regelmäßige unangemeldete Kontrollbesuche fanden trotzdem nicht statt.

Alle Mahnungen, alle Beschwerden und Hilferufe reichen also nicht aus, damit die verantwortliche Landesregierung wirksame Konsequenzen zieht. Entsprechend können die Inhaber weiter ihre Geschäfte mit traumatisierten und „schwer erziehbaren“ Kindern betreiben.

Was muss noch passieren, damit die SPD-Bildungsministerin Martina Münch die Heime schließt und die Kinder endlich in anderen Einrichtungen unterbringt? Um die Angst vor einer Vorverurteilung kann es nicht gehen, denn sonst hätte die Ministerin nicht drei Erzieher vom Dienst suspendiert und einen Belegungsstopp verhängt.

Zynische Politiker

Wobei selbst dieser Erlass faktisch gleich wieder gebrochen wurde. Erst gestern wurde ein entflohener Junge wieder ins Heim zurückgebracht. Begründung: Das sei ja keine Neubelegung, da er ja bereits eingeliefert gewesen war. Das zeigt, wie zynisch-bürokratisch die Politiker mit ihren Schutzbefohlenen umgehen.

Viele Fragen müssen in den kommenden Tagen und Wochen beantwortet werden. Auch die nach der Rolle von Christian Bernzen. Der einerseits Anwalt der Haasenburg GmbH ist und andererseits der Schatzmeister der SPD-Landesorganisiation Hamburg.

Die Sozialbehörde der Hansestadt hat immer wieder Jugendliche in den Heimen untergebracht, auch derzeit leben Hamburger in den Haasenburg-Heimen. Es muss geklärt werden, wer wem in die Tasche spielt und wer alles an den Schicksalen dieser Kinder verdient. Aber noch viel dringlicher ist, dass die Kinder unverzüglich aus diesen Anstalten geholt werden. Denn niemand kann garantieren, dass nicht auch heute und in diesem Moment ihre Menschenrechte erneut verletzt werden.

Richtigstellung

Ich habe auf www.taz.de in dem Kommentar „Schließt die Heime endlich“ vom 10.7.2013 geschrieben, dass in der Haasenburg Kinder stundenlang auf Liegen als Bestrafung fixiert werden. Das stimmt so nicht. Die Fixierungen gab es bis 2010. Seinerzeit sind diese Fixierungen durch die zuständige Behörde ausdrücklich verboten worden. Seither gibt es diese Fixierungen nicht mehr.

Ines Pohl

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Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

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