Kommentar Gentech-Pflanzen: Europawahlen gentechfrei

Ministerin Aigner droht, die MON-810-Zulassung für gentechnisch veränderten Mais auszusetzen. Doch mehr als eine Ankündigung ist es derzeit nicht.

Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) haut kräftig auf die Anti-Gentech-Pauke. Sie will nicht nur die Zulassung der einzigen in Deutschland zum Anbau zugelassenen Gentech-Pflanze, des Monsanto-Maises MON 810, überprüfen. Sie spricht sich auch vehement dafür aus, dass die Bundesländer selbst darüber entscheiden sollen, ob dort Gentech-Pflanzen angebaut werden dürfen oder ob man nicht lieber auf das Label "gentechfrei" setzen will.

Noch ist unklar, wie ernst es der Ministerin tatsächlich ist. Hat sie vielleicht doch nur die Europawahl am 7. Juni im Auge? Denn da muss die CSU zittern, ob sie die Fünfprozenthürde schafft, um ins Europaparlament einziehen zu können.

Schon Aigners Vorgänger, der derzeitige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), hat erfahren müssen, dass in Bayern mit Hurra-Geschrei auf die grüne Gentechnik nichts zu gewinnen ist. Kurze Zeit nachdem er 2005 in Berlin den Posten des Landwirtschaftsministers übernommen hatte, waren auch von ihm die ersten kritischen Töne über den Anbau von Gentech-Pflanzen zu hören.

Er setzte damals vorübergehend den Vertrieb von MON 810 aus - jedoch erst nachdem der Mais schon auf dem Acker keimte, so dass diese Anordnung praktisch ohne Konsequenzen blieb. Die Begründung damals waren die fehlenden ökologischen Untersuchungen, die den Gentech-Anbau begleiten sollen.

Auch Seehofers Nachfolgerin nimmt dieses Monitoring jetzt zum Anlass für die Drohung, die MON-810-Zulassung auszusetzen. Doch mehr als eine Ankündigung ist es derzeit nicht. Zuerst will sie das Monitoring überprüfen lassen. Von dem Ergebnis soll die Zulassung abhängen. Nicht auszuschließen ist, dass es erst nach der Europawahl eine Entscheidung geben wird.

Der erste wirkliche Test für die Glaubwürdigkeit von Landwirtschaftsministerin Aigner wird jedoch die in Kürze in Brüssel anstehende Entscheidung über den Anbau von zwei weiteren Gentech-Pflanzen sein. Wenn sie es ernst meint mit den gentechfreien Regionen, kann sie sich nur gegen die Zulassung aussprechen.

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Jahrgang 1955, war von 1993 bis Ende 2022 Wissenschaftsredakteur der taz. Er hat an der FU Berlin Biologie studiert. Vor seinem Studium hatte er eine Facharbeiterausbildung als Elektromechaniker gemacht, später dann über den zweiten Bildungsweg die Mittelere Reife und am Braunschweig-Kolleg die allgemeine Hochschulreife nachgeholt.

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