Kommentar Gefängnis-Taskforce in NRW: Besserungsanstalt oder Straflager?

In NRW gäbe es gerade die Gelegenheit, Haftanstalten neu zu denken. Doch was hat Priorität: Effizienz oder Rückfallvermeidung?

Flur der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne

Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne: Taugt NRW zum Vorreiter? Foto: dpa

Strafvollzug ist wie ein Lichtschalter: Die meisten Menschen bemerken ihn erst so richtig, wenn er nicht funktioniert. Aktuell funktioniert leider so einiges nicht: Die Gefängnisse sind überfüllt, das Personal ringt im Schichtdienst mit chronischer Unterbesetzung.

In Nordrhein-Westfalen werden Gefangene teilweise zu Notgemeinschaften zusammengelegt, wo sie nicht einmal die vorgeschriebenen fünf Quadratmeter Platz haben; außerdem gibt es nicht genügend Hilfe für Drogenabhängige und psychisch Kranke.

Die neue Taskforce „Landesvollzugsdirektion“ soll diese Probleme nun lösen. Eine solche Abteilung ist bisher einmalig in Deutschland, und so könnte NRW hier ein Vorreiter sein. Doch bei dem, was die von Justizminister Peter Biesenbach (CDU) ins Leben gerufene Taskforce plant, fragt man sich, ob es als Vorbild für andere Bundesländer wirklich dienen kann.

Denn was ist das oberste Ziel von Strafvollzug: Geht es darum, TäterInnen zu bestrafen? Oder geht es darum, die Sicherheit der BürgerInnen außerhalb der Gefängnismauern dauerhaft zu gewährleisten? Letzteres erreicht man am besten mit der Senkung der Rückfallquote. Sonst werden entlassene StraftäterInnen schnell wieder zur Gefahr.

Groß, personalsparend, effizient

Doch bei der Vorstellung der Taskforce am Mittwoch lagen nicht einmal die aktuellen Zahlen zu Rückfällen vor. Stattdessen ging es vor allem um Aufrüstung und Effizienz: mehr Hunde, um Drogen und sogar Handyakkus aufzuspüren – und weniger, dafür größere Gefängnisse, um den Personalbedarf zu senken.

Muss man sich da wundern, wenn die Resozialisierung auf der Strecke bleibt? Die Pläne erinnern eher an britische Strafanstalten des 19. Jahrhunderts – groß, personalsparend, effizient – als an modernen Strafvollzug.

Letzterer verfolgt eine dauerhafte Senkung der Rückfallquote als oberstes Ziel. Maximale Sicherheit nach außen, maximale Freiheit nach innen: Damit Gefangene möglichst eigenverantwortlich leben und Gefängnisse nicht länger „die Universität des Verbrechens“ sind. Das wäre ein Vorbild.

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Freie Reporterin, unterwegs für die taz seit 2018. Angefangen bei einem Radio in Alaska, weitergemacht bei Zeitungen in Berlin und Ruhrregion, ausgebildet an der Deutschen Journalist*innenschule in München, dann Redakteurin bei der Welt in Berlin. Manche Recherche läuft mit Livestream.

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