Kommentar Frankreichs Rechtsextreme: Frühling der Reaktionäre

Frankreichs „neue“ Rechte geht zu Zehntausenden gegen Homoehe und Abtreibung auf die Straße. Die Bewegung hat ihre Wurzeln im Faschismus.

Schwingt die Fahne der Republik für die erzkonservative Restauration: Teilnehmer der Pariser Demo gegen die sozialistische Familienpolitik. Bild: dpa

Nun hat auch Frankreich seine „Tea Party“. Kein Wochenende vergeht ohne Demonstration dieser „neuen“ reaktionären Rechten. Sie protestieren gegen die Homoehe, gegen die Abtreibung oder wie am Sonntag gegen die angebliche „Familienfeindlichkeit“.

Sie kämpfen gegen Phantome in Form von angeblichen Regierungsplänen, die nicht einmal auf dem Papier existieren wie eine Legalisierung von „Leihmüttern“. Selbst vor der Manipulation mit absurden Gerüchten schrecken die rechtsextremen Kreise, die hinter dieser Bewegung stehen, nicht zurück.

Von einer „neuen“ Kraft zu reden, ist allerdings abwegig, denn die Zehntausenden, die da voller Wut und Frustration gegen die Regierung auf die Straße gehen, sind alles andere als fortschrittlich. Es sind die Ewiggestrigen, die das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen in eine (vermeintlich bessere) Vergangenheit, als vermeintlich noch Ordnung herrschte: Was Recht und Moral ist, das bestimmte die Kirche, und dass Frauen sich um Kinder und Küche kümmern, während die Männer das tägliche Brot verdienen, das war eine gottgegebene Rollenteilung.

Wer diese traditionellen Rollen infrage stellt, ist für diese Leute ein Verfechter einer (nur in ihren Köpfen existierenden) „Gender-Theorie“, welche die biologischen Geschlechtsunterschiede leugnen wolle.

Hass auf die weltliche Republik

Es wäre schön, wenn man dies als böswillige Karikatur abtun könnte. Nur geben diese Ultrakonservativen, die seit 2012 in Frankreich gegen jede progressive Gesellschaftsreform und nur schon die eventuelle Absicht einer Diskussion über alte Zöpfe erbitterten Widerstand leisten, keinen Grund zu irgend einer Nachsicht. Was diese oberflächlich betrachtet sehr heterogene Bewegung eint, ist der Hass auf die weltliche Republik mit ihren Werten der Gleichheit und des Prinzips der Trennung von Staat und Religion.

Unter den Organisatoren dieser Bewegung sind Organisationen wie die „Action française“ oder „Civitas“, die ihre ideologischen Wurzeln im Faschismus der Dreißigerjahre haben. Dass diese rechtsradikalen und religiös-integristischen Kreise jetzt eine neue Generation von Aktivisten politisieren und rekrutieren kann, ist erschreckend. Seit Monaten dominieren sie die Politik auf der Straße und die Debatte. Wo bleibt die Reaktion der republikanischen Linken auf dieses bedrohliche Wiedererwachen des reaktionären Ancien Régime?

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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