Kommentar EU und Ex-Jugoslawien: Der tiefe Fall Mazedoniens

Mazedonien pendelt zwischen Mini-Schurkenstaat und Bananenrepublik. Dabei gab die Staatsgründung mal Anlass zur Hoffnung.

Proteste in der mazedonischen Hauptstadt Skopje am 7. Mai. Bild: dpa

Der einstmals von der internationalen Gemeinschaft als Hoffnungsträger angesehene Nikola Gruevski hat sich in den letzten Jahren immer mehr als balkanischer Potentat geoutet. Der Ministerpräsident des multinationalen Kleinstaates Mazedonien zimmerte sich einen Machtblock aus Familienmitgliedern, engen Vertrauten, Profiteuren und politischen Speichleckern zusammen. Ohne seine Zustimmung kann niemand einen Job in der Polizei, dem Justizsystem, dem Staatsapparat und schon gar nicht in seiner Partei erhalten.

Selbst seit die Opposition ihm nun angesichts von zugespielten Abhörprotokollen nachweisen kann, dass er Wahlen betrogen und Finanzen manipuliert, Bestechungsgelder angenommen, Medien kontrolliert und Journalisten verfolgt hat, braucht er kaum Konsequenzen zu ziehen. Die Demonstrationen der Verzweifelten und der Aufschrei der Opposition sind laut, doch wirklich erschüttern können sie das Machtgefüge Gruevskis bisher nicht.

Mazedonien wurde von der EU seit 2001, seit dem Abkommen von Ohrid, das den Krieg zwischen mazedonischen Albanern und Slawen beendete, eine goldene Brücke gebaut. Das Land könnte schon längst nahe an die EU gerückt sein, wenn nicht Gruevski alle Reformen blockiert hätte. Einen von Europa geforderten Rechtsstaat zu etablieren, kann er sich nicht leisten. Lieber beschwört er den Nationalismus der slawischen Mazedonier. Da war er bisher erfolgreich.

Selbst vor der absurden Funktionalisierung des antiken griechischen Königs von Makedonien, Alexander des Großen, für den mazedonischen Nationalismus, schreckte er nicht zurück. Er provozierte die wütenden Griechen dazu, alles zu tun, um die Mazedonier von der EU fernzuhalten.

Wie immer muß die Bevölkerung den Preis für die unverantwortliche Politik von Nationalisten und Despoten bezahlen. Und Brüssel? Man rümpft zwar die Nase, aber handelt nicht.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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