Kommentar Drohnenkrieg: Wenn Kriegführen zu einfach wird

Krieg wird nicht grausamer, wenn Drohnen oder Roboter ihn führen. Aber die Welt wird unsicherer.

Iranische Karrar-Drohne. Bild: ap

Was in den Militärlaboratorien dieser Welt, allen voran in den USA, derzeit entwickelt wird, hat ein einfaches Ziel: Militärische Gewalt soll als Option der Durchsetzung politischer oder wirtschaftlicher Ziele auch in Zeiten zur Verfügung stehen, in denen die jeweiligen Gesellschaften immer weniger bereit sind, Todesopfer auf der eigenen Seite zu akzeptieren.

Wenn Krieg nicht mehr führbar ist, nutzt alles Militär nichts. Wir sehen das jetzt schon: Eine permanente Anwesenheit einer großen Anzahl von US-Spezialtruppen in Pakistan oder Jemen wäre politisch nicht durchsetzbar und militärisch verlustreich. Der Drohnenkrieg hat sich für die US-Regierung als gangbare Alternative herausgestellt.

Pakistans Regierung protestiert routiniert, aber nicht ernsthaft, die US-Bevölkerung jeglicher politischer Couleur spendet Präsident Obama Beifall, und die internationale Gemeinschaft hält einfach die Klappe. Es wäre verwunderlich, würden die Militärs solch einen Wundermechanismus nicht ausbauen wollen.

Der Krieg ohne Soldaten ist nicht in Sicht. Auch der durch außer Kontrolle geratene Kriegsroboter provozierte Weltuntergang steht nicht bevor, es geht nicht um Spinnereien. Entsprechende Vorstellungen von Menschen- und Völkerrechtlern über an Maschinen delegierte Verantwortungslosigkeit sind zwar ernst zu nehmen, gehen aber in die falsche Richtung: Krieg wird nicht grausamer, wenn Drohnen oder Roboter ihn führen.

Kriegsverbrechen wurden bislang alle von Menschen begangen, und die Zahl der zivilen Opfer ist derzeit in jenen Kriegen am höchsten, die mit den unmodernsten Waffen geführt werden. Aber die Welt wird unsicherer, wenn ein Krieg dank maschineller Hilfe leichter zu führen ist. Dem Individuum fällt es schwerer, jemandem ein Bajonett in den Bauch zu rammen, als ihn auf 100 Meter Entfernung zu erschießen. Genauso fällt es Regierungen schwerer, Tausende junger Männer an die Front zu schicken, als unbemannte Militäraktionen anzuordnen. Und wer das kann, für den wird die Suche nach gewaltfreien Lösungen von Konflikten lediglich zu einer Option unter vielen.

Was wäre es schön, wenn nicht die Waffen intelligenter würden, sondern die Menschen vernünftiger. Aber das ist wohl, im Unterschied zu den Planungen der Militärtechnologen, tatsächlich nichts als Spinnerei.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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