Kommentar Dobrindt im VW-Ausschuss: Beim Auspuff hört's auf

Bringen die jüngsten Aussagen im VW-Ausschuss Neues ans Licht? Ja, sie zeigen das eingeschränkte Blickfeld der deutschen Verkehrspolitiker.

ein Auspuff

Entscheidend ist, was hinten rauskommt Foto: dpa

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse waren früher mal die schärfste Waffe der Abgeordneten zur Kontrolle der Regierung. In Zeiten von 24-Stunden-News und Twitter-Demokratie aber bringen die langwierigen Sitzungen wenig Neues, das nicht schon überall durch die Medien geistert.

Der Untersuchungsausschuss zum Abgas-Skandal der deutschen Autobauer ist da keine Ausnahme. 2.000 Aktenordner haben die fleißigen Abgeordneten gewälzt, Dutzende von Zeugen befragt, Hunderte von Arbeitsstunden zusätzlich geleistet. Am Ende wissen wir wenig mehr als vorher darüber, wer wann was in der Regierung wusste. Oder doch?

Wir wissen zumindest, wer wann was nicht wissen wollte. Und warum das System der „Kontrolle“ der Autoindustrie durch die Behörden nicht funktioniert (hat). Die jüngsten Aussagen von drei Verkehrsministern und einem Ministerpräsidenten im VW-Ausschuss lassen tief blicken.

Da ist der niedersächsische Ministerpräsident Stephan „drei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust“ Weil. Der Mann regiert ein Land, das zu großen Teilen mit seiner Industrie von VW abhängt. Niedersachsen ist am Autokonzern mit 20 Prozent der Aktien beteiligt und schon deshalb an seinem Wohlergehen interessiert. Und derselbe Mann gehört qua Amt dem Aufsichtsrat des Unternehmens an – also dem Gremium, das die Geschäfte zu kontrollieren hat und dem „gesetzeswidrige Maßnahmen berichtet werden müssen“. Aber wenn VW einen weltweiten Großbetrug zugibt, erfährt Stephan Weil das aus der Tagesschau. Wo genau ist da die Aufsicht eines Aufsichtsrats?

Abgase, Lärm und Flächenfraß

Erschreckend sind auch die Aussagen der (Ex-)Verkehrsminister Tiefensee, Ramsauer und Dobrindt: Schadstoffe? Nie gehört! Mit der „Abgas-Problematik“ wurden die Herren nur am Rande belästigt; Dobrindt gibt zu, den Begriff „Zykluserkennung“, eine Vorbedingung des Betrugs, bis zum VW-Skandal noch nie gehört zu haben.

Es gibt keinen Beleg, dass die Aussagen der Minister nicht stimmen – und das macht es eigentlich noch schlimmer: Es zeigt, dass es in der offiziellen deutschen Verkehrspolitik einfach kein Bewusstsein dafür gibt, dass Autos nicht nur schicke Blechkisten sind, die vielen Menschen Mobilität und einen sicheren Job verschaffen. Sondern dass sie mit ihren Abgasen, ihren Partikeln, ihrem Lärm, ihrem Flächenfraß und ihren Unfällen auch eine schwere Belastung für unser Leben darstellen. Die Welt hinter dem Auspuff haben sie nicht im Rückspiegel, das geben die Verkehrspolitiker offen zu: Um den Kollateralschaden ihrer Karossen soll sich mal die Gesundheits- und Umweltpolitik kümmern.

So gesehen bringt der VW-Ausschuss sehr viel. Er zeigt, mit welch eingeschränktem Sichtfeld Verkehrspolitik gemacht wird. Und er erinnert mit Blick auf die Autoabgase an ein weises Wort des großen Umweltpolitikers Helmut Kohl: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

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