Kommentar Bremer Journalisten-Bashing: Verbalradikal im Parlament

Es ist ein Tabubruch von besonderer Qualität, wenn Bremens CDU-Oppositionsführer Thomas Röwekamp seine Rede mit einer Attacke auf einen taz-Redakteur beginnt.

Ein mittelalter Mann mit Anzug, hoher Stirn, dunkler Brille und braunen Haaren steht hinter einem hölzernen Rednerpult.

Thomas Röwekamp (CDU) bei einer Rede in der Bremischen Bürgerschaft im Juni 2016 Foto: dpa

Es war damit zu rechnen, dass in deutschen Parlamenten künftig auch namentlich über einzelne Journalisten hergezogen werden würde – eine Einschüchterungstechnik, die in Gemeinderäten wie Bananenrepubliken nicht unbekannt ist. Nur war zu hoffen, dass die Demokraten dem zumindest in Landesparlamenten entgegentreten würden.

Es ist deswegen ein Tabubruch von besonderer Qualität, wenn Bremens Oppositionsführer Thomas Röwekamp (CDU) seine Rede für den Reformationstag in der Bremischen Bürgerschaft mit einer Attacke auf den taz-Redakteur Benno Schirrmeister beginnt. Dessen Angriffe auf „die Ministerpräsidenten“ in der Feiertagsdebatte zeigten „einen Geist im Umgang mit Religion, den ich eigentlich von Extremisten kenne“, so Röwekamp.

Was war geschehen? In der vergangenen Wochenendausgabe der taz hatte Schirrmeister in einem Meinungsbeitrag dazu aufgefordert, die Entscheidung für den Reformationstag als neuen Feiertag noch einmal zu hinterfragen. Er hatte sich darin vor allem am bisweilen umstandslosen Ineinssetzen von Staat und Kirche gestört, in durchaus drastischen Worten: „Dieser bedenkliche Schulterschluss von Staat und Kirche, der nahe an die funktionale Verwechslung beider geht, spricht in geradezu aggressiver Dummheit aus dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), wenn er, wie jüngst im Kloster Loccum, behauptet, ,Gewissheit und Gemeinschaft zu vermitteln' wäre ,die gemeinsame Aufgabe von Staat und Gesellschaft, von Politik, Kirchen und vielen Verantwortlichen mehr‘.“

Es wird nicht zu leugnen sein: Weils Darstellung des Verhältnisses von Staat und Kirche ist im besten Fall nicht durchdacht. Die Wortwahl kann man indes kränkend finden. Aber was hat das mit Extremismus zu tun?

„Extremisten“ werden in der politischen Debatte landläufig Staatsfeinde genannt, derzeit vor allem militante Linksradikale, Islamisten oder Nazis. Jemanden, der auf die verfassungsmäßig verankerte Trennung von Staat und Kirche pocht, auch nur in die Nähe von Extremisten zu rücken, ist deswegen so absurd wie unanständig.

Es sei denn, man wäre tatsächlich der Ansicht, die Einheit von Staat und Kirche wäre konstitutiver Bestandteil unseres Gemeinwesens. Aber das wollen wir nicht mal Thomas Röwekamp unterstellen. Denn dann wäre er ja Verfassungsfeind.

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