Kommentar Autolobby: Sakrosankte Branche

An der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung hat die Autolobby direkt mitgeschrieben – und getrickst. Zu befürchten hat sie deswegen nichts.

Zwar nicht als Autokanzlerin bekannt, aber dennoch lieb zur Industrie: Merkel neben Porsche. Bild: dpa

In der Sache ist es banal: Wer ein bisschen in Physik und Mathe aufgepasst hat, weiß, dass ein mehr als zwei Tonnen schweres Luxusauto seinen Fahrer schwerlich energieeffizienter transportieren kann als ein moderner Kleinwagen, der nicht einmal die Hälfte wiegt. Dafür braucht man keine Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung, die den Käufern von Neuwagen zeigt, wie effizient ein Fahrzeug ist – ähnlich wie bei Kühlschränken und Waschmaschinen.

Damit den Kaufinteressenten von Protzautos, von teurer Werbung euphorisiert, aber nicht sofort die Schamesröte ins Gesicht steigt, wird in der Verordnung getrickst – und daran hatte die Autolobby direkten Anteil. Die Branche ist in Deutschland so sakrosankt, dass sie ihre Gesetze selber schreiben darf.

Der Trick in der Verordnung: Betrachtet wird nicht, wie viel Kraftstoff nötig ist, um eine oder mehrere Personen zu befördern, sondern das Gesamtgewicht des Fahrzeugs wird einbezogen. Und schwuppdiwupp kann ein Straßenpanzer mit ausgereifter Motortechnik effizienter sein als ein schröddeliger Kleinstwagen. Das ist natürlich Volksverdummung, aber die Käufer der dicken Wagen wollen es so, damit sich das schlechte Gewissen besser verdrängen lässt. Und für das Image der Branche wäre es auch nicht gut, böte sie ineffiziente Fahrzeuge feil.

Aber die Branche, die ihre Premiumwagen in alle Welt verkauft und so Hunderttausende Arbeitsplätze sichert, hat in Deutschland nichts zu fürchten: Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat bei der Verordnung getrickst, und auch ein SPD-Autokanzler hätte wohl nichts getan, was die mächtigen Konzerne nicht wollen. Dass deren Lobbyverband direkt involviert war, wie jetzt herauskommt, ist zwar dreist, aber letztlich nur peinlich. Es wäre sicher nicht nötig gewesen.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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